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Von der Alhambra ins Kunzenbad

Auf Ende Jahr verabschiedet sich Urs Siegrist (76) vom Museum Zofingen. Doch vorher setzt der Konservator der Historischen Abteilung des Museums mit einer Ausstellung zur Zofinger Wirtshaus-Geschichte noch einen grandiosen Schlusspunkt.

Zofingen Letzte Ausstellung von Urs Siegrist im Museum Zofingen

Urs Siegrist hat die Zofinger Wirtshaus-Geschichte im Laufe der Jahrhunderte genauestens durchleuchtet. Dabei sind nicht nur viele vergessene Beizennamen aufgetaucht. Auch Mord und Totschlag (siehe Box) gehörten in früheren Zeiten zum Leben in den Kneipen, Weinstuben und Wirtshäusern in der Altstadt.

38 Gasthäuser und Weinstuben, dazu noch vier Zunft-Trinkstuben, gab es im Jahr 1443 in der Zofinger Altstadt. «Das war ein Allzeitrekord! Fast in jedem dritten Haus konnte man damals einkehren», sagt Urs Siegrist, der für seine Recherchen in monatelanger Arbeit viel Wissenswertes und Amüsantes aus Chroniken und Neujahrsblättern zusammengetragen hat. Im Laufe der Jahrzehnte ging die Zahl an Wirtshäusern etwas zurück. 1493 waren es noch 32. Und im Jahr 1612 erwägte der Zofinger Stadtrat, «alle unnützen Gaststätten wegen zu vieler verdorbenen Bürgern abzuschaffen». 1619 erliess die Stadt gar ein Verbot, wonach ihre Bürger «nicht ohne Not an Werktagen ein Wirts- oder Zunfthaus besuchen» durften. Wer dem nicht folgte, hatte zwei Pfund Busse zu entrichten (umgerechnet etwa 40 Franken). Wer sich einen Rausch antrank, wurde sogar zu drei Pfund Busse verknurrt.

Auch für die Geschlechtertrennung wurde in einer Verordnung gesorgt: «In den Wirtshäusern dürfen Leute beiderlei Geschlechts nicht auf derselben Bank sitzen.» 1655 mischte sich zu allem Elend noch der Stand Bern in Zofingens Beizenkultur ein: Wegen dem «landverderbenden Weintrinken» empfahl er der Niklaus-Thut-Stadt eine weitere Reduktion der Wirtshäuser.

Viele Wirtshäuser sind verschwunden

Urs Siegrists Nachforschungen förderten auch eine ganze Reihe von Wirtshausnamen zutage, die heute kaum jemandem noch geläufig sind: Weisses Kreuz, Falkenhaus, Hecht, Niederer Engel, Sonne, Möhren, Härren, Hirzen, Katz, Wildermann und Rose sind nur einige Affichen, die die Wirtshausschilder um 1500 zierten. Dazu gesellten sich noch der Grosse Bären, das Wiggertal und das Helvetia. Beizen, die Urs Siegrist in seiner reich bebilderten und bestens dokumentierten Ausstellung im Museum unter «ungenaue Datums- und Namensangaben» führt. In neuerer Zeit sind aus der Altstadt das Bögli, der Frösch, der Alte Spanier, die Krone und die Schmiedstube verschwunden, alles renommierte Wirtshäuser mit einer belebten Stammtischkultur.

Der Frösch in der Unterstadt ist vielen noch in bester Erinnerung.
Bild: Museum Zofingen

Von den Häusern ausserhalb der Altstadt fehlen aus der jüngeren Vergangenheit der Pinguin (später Domino), der Löwen und das National. Den älteren Zofinger Einwohnern dürfte das Kunzenbad (seit 1631) noch bekannt sein. Hier war übrigens ab 1752 «das Baden während den Gottesdiensten untersagt…»

Als «regelrechten Jammer» bezeichnet Lokalhistoriker Siegrist das Verschwinden der Alhambra. Dieser grandiose Bahnhofgarten wurde 1880 von Brauer Fritz Senn im maurischen Stil gebaut und bot bis zu 600 Sitzplätze. Die schweizweit bekannte Sehenswürdigkeit musste 1934 leider dem ehemaligen Postgebäude weichen.

Das Museum Zofingen ist bei freiem Eintritt geöffnet: Sonntag, 10 bis 12 Uhr und Mittwoch, 14 bis 17 Uhr.

Das Kunzenbad, idyllisch unter dem Heiternplatz gelegen.
Bild: Museum Zofingen

Sich die Bärte ausgerissen…

Die Recherchen von Urs Siegrist über Zofingens Beizengeschichte förderten auch grausame Tatsachen zutage: 
1563 wurde der Stubenwirt der Metzgern von einem Metzger mit einem Schlachtmesser erstochen. 1572 ist Rabenwirt Kaspar Siegfried mit einem Degen erstochen worden. 1578 wurde Stadtfähnrich Jakob Huber vom Turmwächter in der Metzgern erschlagen. 1639 haben sich Dekan Forrer und Stiftsschaffner Jüppli in der Stiftsbeiz gegenseitig die Bärte ausgerissen…