
Mit Herz und Können: Wo Menschen Grosses leisten
Rothrist 7./8. November, je 9 – 17 Uhr: Tag der offenen Tür & Basar in der Borna
Da rollt sie heran, platziert ihren Rollstuhl präzise am Tisch und blickt mit wachen Augen erwartungsvoll in die Runde. Claudia Bürgisser heisst die aufgestellte 52-jährige Frau, die seit einem Autounfall, den sie im Alter von sechs Jahren erlitt, auf den Rollstuhl angewiesen ist. «Ihren starken Willen hat sie nie verloren, Claudia will möglichst vieles selber machen», betont ihre Bezugsperson Janine Kaufmann, Fachfrau Betreuung in Ausbildung, «manchmal sogar etwas mehr als sie sollte». Entsprechend selbständig ist Claudia Bürgisser auch unterwegs. Ohne Begleitung fährt sie an ihren einen Arbeitsplatz im Borna-Atelier, an ihren zweiten Arbeitsplatz im BornArt-Laden an der Bernstrasse, wo sie am liebsten mit Filz arbeitet. Oder ab und zu sogar ins Perry-Center, wo sie gerne etwas «tünterlet» und einen Kaffee trinkt. Und bald wird die Reise noch viel weiter gehen. Im kommenden Jahr darf die unternehmungslustige Frau nämlich mit Procap, der grössten Schweizer Selbsthilfe- und Mitgliederorganisation für Menschen mit einer Beeinträchtigung in die Ferien reisen. «Nach Teneriffa», wie sie mit leuchtenden Augen verrät.
Seit zwei Jahren wohnt Claudia Bürgisser wieder in der Borna. Weil sie «einmal etwas anderes sehen wollte», wie sie selber sagt, zog sie nach vierzehn Jahren in der Borna für fünfzehn Jahre in die VEBO nach Breitenbach. «Ich bin zurückgekommen, weil ich mich in Breitenbach nicht mehr wohlfühlte», erklärt Claudia Bürgisser die Beweggründe für ihre Rückkehr nach Rothrist. Vor kurzem ist sie ins neue Wohnheim umgezogen. Den Umzug hat sie ohne Bedauern mitgemacht. «Das neue Zimmer in der Wohngruppe Rom gefällt mir», sagt sie, weil es dort dank den grossen Fensterfronten viel heller als im Altbau ist. Zudem sei auch das grössere Badezimmer für sie viel praktischer. Und bald wird es ihr im neuen Zuhause noch viel besser gefallen. «Wenn der Altbau einmal weg ist, habe ich endlich mehr Aussicht», sagt sie freudig.
In der Werkstatt herrscht Hochbetrieb
Ebenfalls ohne Bedauern hat Monika Müller, die seit September letzten Jahres in der Borna-Werkstatt arbeitet und in der Aussenwohngruppe Lindenpark wohnt, den Umzug an ihren neuen Arbeitsort mitgemacht. Das Montageteam, in dem die 55-Jährige vorwiegend arbeitet, war nämlich in einem tiefergelegten Geschoss des Altbaus untergebracht. «Im Werkstatt-Neubau arbeiten wir nun mit schöner Aussicht nach draussen – der Raum ist viel heller und freundlicher», sagt die gelernte Malerin, die lange Zeit in der nahe gelegenen Gländ-Pinte im Service gearbeitet hat. Durch den Umzug sei auch die Stimmung unter den Mitarbeitenden aufgestellter geworden, meint sie, es werde auch mehr geplaudert.
Plaudern ist das eine, arbeiten das andere. Gerade das letztere wird nicht nur momentan auf Hochtouren gemacht. «Wir sind sehr zufrieden mit dem bisherigen Jahresverlauf», gibt Raffael Küderli, Leiter Marketing und Kommunikation, zu verstehen. Die Werkstätten seien sehr gut ausgelastet. Dank der grossen Flexibilität der Mitarbeitenden – in den Werkstätten arbeiten rund 170 Menschen mit einer Beeinträchtigung in acht Teams – sei man aber jederzeit in der Lage, zusätzliche Wünsche der Kundschaft zu erfüllen und auch weitere Aufträge anzunehmen, wie Küderli betont. Mitarbeitende wie Monika Müller machen das möglich. Momentan arbeitet sie nämlich in der Konfektionierung, wo Getreideriegel in 12-er-Einheiten in eine Verkaufspackung abgefüllt werden müssen. «Ich mache diese Arbeit gerne», sagt Monika Müller, die es schätzt, zwischendurch in einem anderen Team eingesetzt zu werden. «Das bringt Abwechslung ins Leben», betont sie «und ich mag es, wenn etwas läuft».
Zeigen, was geleistet wird
Das wird am kommenden Wochenende definitiv der Fall sein, steht doch einer der Höhepunkte im Jahreskalender der Rothrister Arbeits- und Wohngemeinschaft an. Die Türen sind in der Borna am Freitag und Samstag jeweils von 9 bis 17 Uhr durchgehend offen. «Der geführte Rundgang führt zuerst durchs Wohnheim, anschliessend können die Werkstätten besucht werden, dann der Basar im neuen Atelier und schliesslich auch noch das Kafi31», sagt Raffael Küderli. Es sei aber ohne weiteres möglich, sich frei zu bewegen. «Auf jeden Fall werden Besucherinnen und Besucher die alte Borna ganz neu erleben», ist sich Küderli sicher – «die Leute sind die gleichen, die moderne Umgebung ist komplett neu».

Bild: Thomas Fürst
«Ich freue mich jedenfalls sehr auf den Tag der offenen Tür», betont Monika Müller, sie sei gleich beide Tagen am Arbeiten. Es sei besonders schön, mit Leuten ins Gespräch zu kommen, die sich für ihre Arbeit interessieren würden, findet sie. Die Reaktionen der Leute würden meist sehr positiv, manchmal auch erstaunt ausfallen. «Weil viele Leute wohl unterschätzen, was Menschen mit Beeinträchtigung zu leisten imstande sind», betont Monika Müller.
Attraktives Rahmenprogramm
Am Tag der offenen Tür wird Claudia Bürgisser kaum teilnehmen. «Jubel, Trubel, Heiterkeit – das ist nicht so ihr Ding», weiss auch ihre Bezugsperson Janine Kaufmann. Eine Ausnahme wird Claudia Bürgisser aber auf jeden Fall machen. Für die fast schon legendären Borna-Waffeln wird auch sie sich einmal aus ihrem Zimmer heraus begeben. Womit das Kulinarische angesprochen ist. Raclette, Spaghetti mit verschiedenen Saucen oder Grilladen – beim Essen haben Besucherinnen und Besucher die Qual der Wahl. Zudem gibt es sowohl in der Werkstatt als auch im Kafi31 ein grosses Angebot an süssen Leckereien.
Im weiteren erwartet die Gäste ein attraktives Rahmenprogramm, das insbesondere für die jüngsten Besucherinnen und Besucher einiges bereithält. Gratis Kinderschminken, Schoggibrunnen oder Schokokuss-Schleuder. Glückspilze können einen der schönen Tombola-Preise gewinnen oder in der Werkstatt bei einem Gewinnspiel mitmachen. Und falls es bei Tombola oder Gewinnspiel nicht klappt, stehen im Basar unzählige wunderbare Produkte, die zum grossen Teil in den Borna-Werkstätten und -Ateliers hergestellt wurden, zum Einkauf bereit.
Keine Parkplätze bei der Borna
Wegen der laufenden Abbrucharbeiten gibt es für Besucherinnen und Besucher des Tags der offenen Türen & Basar keine Parkplätze vor Ort. Am einfachsten erfolgt die Anreise zu Fuss, per Velo oder mit dem öffentlichen Verkehr (Bushaltestelle «Rothrist Schwimmbad»).

Bild: Thomas Fürst




