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«An die löbliche Gemeindeschreiberey»

Zofingen Die 57. Folge der beliebten Mühlethaler Geschichten

Als Sammler von historischen Briefen besitzt Erhard Keller aus Zofingen auch einige Briefe aus der Korrespondenz des Mühlethaler Gemeinderats. Amtliche Briefe wurden von der Post im 19. Jahrhundert portofrei befördert, weshalb die Sendungen, zum Beispiel an das «löbliche Bezirksamt» in Zofingen, oder vom Bezirksamt zurück an die «löbliche Gemeindeschreiberey» keine Marken trugen. Als Postgeschichtesammler der Ortschaften des Bezirks Zofingen besitzt Erhard Keller auch einige Briefbelege aus der Korrespondenz des Mühlethaler Gemeinderates aus der Kantonal- und Bundespostzeit.

Mit rechthabender Bürgertochter verheiratet

Am 24. Oktober 1844 schrieb ein Arzt namens Alexander Theodor an den Mühlethaler Gemeindeammann: «Im Auftrag eines lieben Freundes wende ich mich in dieser Angelegenheit an Sie, geehrter Herr Amann.» Louis Baumann, ehemals aus Württemberg, habe sich in Wangen im Kanton Bern «mit einer rechthabenden Bürgertochter» verheiratet und sei heute Vater von zwei Kindern. Er suche nun eine Liegenschaft zu kaufen in Mühlethal. «Wer hätte gedacht, dass Mühlethal schon vor 180 Jahren eine begehrte Wohngemeinde war», kommentiert Erhard Keller den Brief. Befördert worden ist dieser damals noch von der kantonal organisierten Post. Der Stempel «Murgenthal» stammt nicht aus dem Aargau, wo die Gemeinde namens Murgenthal ja erst 1901 aus der Fusion von Riken und Balzenwil entstanden ist, sondern von einer Postablage auf Bernerboden, westlich der Murg. Ältere Schreibweisen sind Ryken und Morgenthal.

5 Rappen Brieftaxe

Das Porto für das Schreiben betrug 2 Kreuzer, was 5 Rappen entsprach. Wenn der Absender bezahlt hatte, wurde– wie bei diesem Schreiben – die Zahl 2 auf der Rückseite notiert. War die Zahl auf der Vorderseite angebracht, hatte der Empfänger die Kosten zu übernehmen; dies war zu dieser Zeit mehrheitlich der Fall und änderte sich dann erst mit der Einführung der Briefmarken. Couverts wurden damals für den Briefverkehr noch keine verwendet; die Schreiben wurden gefaltet und hinten mit einem Siegel verschlossen.

Fotos gesucht

Besitzen Sie Fotos oder haben Erinnerungen an das Mühlethal von früher? Die Autoren Christian Roth (*1973) und Ernst Roth (*1950) sind für weitere Mühlethaler Geschichten daran interessiert. Bitte melden Sie sich bei der Redaktion unter Telefon 062 745 93 93 oder E-Mail: redaktion@wiggertaler.ch

Der Brief des Arztes Alexander Theodor mit der Anrede «Geehrter Herr Gemeindeaman».
Archiv Erhard Keller
Die Anschrift «Gemeinderath, Mühlethal bei Zofingen» genügte im 19. Jahrhundert offenbar als Adresse.
Archiv Erhard Keller