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Anfrage wegen des Weiberguts

In dieser Folge geht es nochmals um die Korrespondenz des Mühlethaler Gemeinderats. Wiederum mit einem historischen Brief aus der Sammlung von Erhard Keller aus Zofingen.

Zofingen Die 58. Folge der beliebten Mühlethaler Geschichten

Schwungvoll verziert ist der Briefkopf mit dem Absender «Der Gemeinde-Rath von Aarburg». Laut Poststempel wurde der Brief am 29. Oktober 1853 verschickt. Was wollen die Gemeinderäte von Aarburg hier von den Mühlethaler Kollegen? Sie ersuchen um «gefl. Mittheilung», wie hoch das «Gesamtweibergut» der Verena, geborene Gloor, sei. «Mit besonderer Achtung» haben der Gemeindeammann und der Gemeindeschreiber von Aarburg unterschrieben.

Worum geht es? Beim «Weibergut» handelte es sich um das Vermögen der Ehefrau. Ein Ehemann konnte nur unter gewissen Bedingungen darauf zugreifen. Wurde die Ehe aufgelöst, ging das Geld zurück an die Frau. Das Frauengut konnte mittels «Aufschlag», also einer Grundpfandverschreibung, versichert werden. Erst mit der Einführung des Schweizer Zivilgesetzbuches ZGB am 1. Januar 1912 wurden die dazu geltenden kantonalen Gesetze hinfällig. In der Aargauer Gesetzessammlung ist nachzulesen, dass die «Regierungsverordnung vom 21. Christmonat 1847 betreffend Versicherung des Frauengutes» zu den Vorschriften gehörte, die per Ende 1911 ausser Kraft traten.

Von Jänner bis Christmonat

Und jetzt noch ein kleiner Exkurs zu den Monatsnamen, die heute im deutschen Sprachraum weitgehend standardisiert sind, abgesehen vielleicht vom «Jänner», wie der Januar in Österreich offiziell heisst. Wer in alten Dokumenten forscht, trifft dort auf allerlei Bezeichnungen. Auf dem Gemeinderats-Brief von 1853 ist der Oktober als «8ber» bezeichnet. Wie in dieser Zeit gebräuchlich, wurde das Datum statt mit September, Oktober, November oder Dezember manchmal mit einer Zahl und der Endung «ber» abgekürzt. Weil das römische Jahr im Frühling begann, genauer am 1. März, ist der zehnte Monat unseres modernen Kalenders dort erst der achte.

200 Namen für 12 Monate

Der Dezember wurde bis ins 20. Jahrhundert hinein auch «Christmonat» genannt, wegen des Weihnachtsfestes. Auf www.regionalgeschichte.net ist nachzulesen, dass es «eine einheitliche deutsche Monatsnamenreihe überhaupt nicht geben» könne, «zumal allein in den verschiedenen deutschen Mundarten an die 200 unterschiedliche Monatsnamen zeitlich und/oder örtlich begrenzt vorkamen oder vorkommen».

Die Rückseite des Briefes mit Adresse und Poststempel. Couverts waren damals nicht üblich; die Schreiben wurden gefaltet und mit einem Siegel verschlossen.
Bild: zvg

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