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Das Pfadiheim soll auch wieder zum geselligen Treffpunkt werden

Im Aarburger Pfadiheim ist eine «sanfte Optimierung» über die Bühne gegangen. Verantwortlich dafür ist der neue Heimverwalter Jürg Mosimann. Er erläutert, welche Pläne er umsetzen will, um das Pfadiheim wieder näher an die Aarburgerinnen und Aarburger heranzubringen.

Aarburg Jürg Mosimann ist der neue Heimverwalter im Pfadiheim

Sie müssen sich ein wenig wie tollkühne Männer in fliegenden Kisten gefühlt haben an jenem Sonntag, 25. August 1968, als sie sich in ihre Gefährte gesetzt haben. Immerhin gilt festzuhalten: Die jungen Piloten blieben am Boden, denn ihre Fahrzeuge waren nichts anderes als selbstgebaute Seifenkisten. Nach dem Start am Palisadenweg galt es, die scharfe Rechtskurve in den Steinrain zu erwischen, dann führte die rasante Fahrt über die SBB-Brücke und vorbei an der Einfahrt zum Pfadiheim ins Ziel am Fuss der Aarburger Festung. Nach der Zieldurchfahrt durften die wagemutigen Seifenkistenfahrer die Einfahrt in den Schlossrain nicht zu verpassen – das war damals die Bremsstrecke, welche hinauf zur Festung führt. Längst vergangene Zeiten – und doch kommen bei Jürg Mosimann die Erinnerungen hoch, als er das Plakat vom ersten Heimfest der Pfadfinderabteilung «Rothburg» betrachtet. «Ich war damals 15 Jahre alt – und natürlich war ich mit meinen Kollegen auch am Seifenkistenrennen dabei», sagt er lächelnd. Heute, rund 55 Jahre später, fährt der bald 70-jährige Mosimann nicht mehr in rasantem Tempo am Pfadiheim vorbei. Im Gegenteil: Er ist häufig im Pfadiheim anzutreffen. Denn Ende November hat er das Amt als Verwalter des Pfadiheims Aarburg von seinem Vorgänger Erwin Winkler übernommen. Hier könne er – nach seinem Umzug in eine kleinere Wohnung – gleichzeitig «no chli wärche» und auch seine Leidenschaft für die Gastronomie ausleben, sagt der gelernte Automechaniker, langjährige Velomechaniker und vormalige «Sälischlössli»-Wirt.  

Das Pfadiheim «sanft optimiert»

In den vergangenen Wochen hat Jürg Mosimann das Pfadiheim «sanft optimiert», wie er selber sagt. Und sich ein wenig mit der Geschichte des Heimvereins Aarburg vertraut gemacht, denn Mosimann war zeitlebens Turner, nicht Pfader. Beim Stöbern im Archiv sind zahlreiche Dokumente zum Vorschein gekommen, die wohl bei einigen Aarburgerinnen und Aarburger berührende Erinnerungen an ihre Jugendzeit auslösen würden. Und die auch lokalgeschichtlich interessant sind. Plakate vom ersten Heimfest oder von den legendären Rivella-Seifenkistenrennen, die zur Schweizermeisterschaft zählten. Fotos vom ersten «Pfadi-Hüttli», das auf Initiative des langjährigen Abteilungsleiters Kurt Hirt auf einer Parzelle der Bürgergemeinde Olten ennet der Aare stand, inklusive einer Rechnung vom Aarburger Fuhrhalter Karl Sutter-Muntwyler für den Transport der «Baracke» von Zofingen nach Aarburg. Ebenso Fotos aus der Bauzeit des Pfadiheims in den Jahren 1966/67 und spätere Fotos aus dem Vereinsleben. «Das Heim steckt voller Geschichten», hält Mosimann fest und viele dieser Geschichten hat Mosimann wieder sicht- und erlebbar gemacht, indem er ihnen vor allem im Aufenthaltsraum des Pfadiheims einen gebührenden Platz zugewiesen hat.

Wie das Pfadiheim entstand 

Die Pfadfinderabteilung Rothburg (Rothrist-Aarburg) wurde 1955 gegründet und konnte 1963 mit dem «Holzhüttli», das entlang der Strasse Aarburg – Boningen aufgestellt wurde, erstmals ein eigenes Lokal beziehen. 1966 nahmen die Bemühungen um die Errichtung eines eigenen Pfadiheims konkretere Gestalt an. Entstehen sollte es im alten Steinbruch unterhalb dem Richtplatz der Festung. «Bisher ein unübersichtliches, mit Gestrüpp überwachsenes Gelände, das als Depot für Gerümpel und Abfall benutzt wurde, (soll es) nun einem sinnvollen Zweck zugeführt werden. (…) Ein Pfadiheim wird entstehen, umgeben von einem geräumigen Spielplatz in einer romantischen Umgebung, in welcher ein Winnetou und Old Shatterhand sich heimisch fühlen könnten», schrieb das Zofinger Tagblatt im Januar 1966 schon fast euphorisch. 

Als Trägerverein wurde der Heimverein Aarburg gegründet, der sich unter der Führung des Industriellen Fritz Rykart zuallererst mit der Finanzierung zu beschäftigen hatte. «Für das Projekt eines Heims, dessen Dach bis fast zum Boden reicht, womit man die Seitenwände spart und ausserdem ein ansprechendes Gesamtbild erreicht» – so formulierte es das Zofinger Tagblatt in der Ausgabe vom 31. Januar 1966 – musste mit Gesamtkosten von insgesamt 80´000 Franken gerechnet werden, wobei rund 30´000 Franken an Eigenleistungen eingebracht werden konnten. 

Der Bau konnte in den Jahren 1966 und 1967 realisiert werden, die Abzahlung des Bankdarlehens sollte den Heimverein allerdings noch etliche Jahre beschäftigen. Am 19./20. August konnte das Pfadiheim mit einem zweitägigen Fest eingeweiht werden, bei dem sogar «Funktionäre des Schweizerischen Fernsehens (…) das ganze Geschehen auf einen Filmstreifen bannten» (Zofinger Tagblatt, August 1967). «Viele Treffen, Veranstaltungen und vor allem Jugendlager fanden seither statt – und es dürften einige 10´000 Jugendliche sein, die ihre Freizeit im Pfadiheim sinnvoll ausfüllen konnten», meint Jürg Mosimann. Auch wenn die heimische Pfadi-Abteilung Rothburg seit den 1990-er-Jahren nicht mehr existiert, weil es schlicht an Führungspersonen fehlte. 

Zwei Fliegen auf einen Streich

Das Pfadiheim und der Heimverein Rothburg sind aber weiterhin da. «Das Pfadiheim soll auch in Zukunft in erster Linie Jugendlichen und Schulen für ihre Lager, aber auch Vereinen und Privaten zur Verfügung stehen», unterstreicht Jürg Mosimann die Absichten des Aarburger Heimvereins. Die Nachfrage nach einer einfachen, aber zweckmässigen Unterkunft, wie sie das Pfadiheim ist, ist nach einer coronabedingten Baisse wieder angestiegen. Auch in diesem Jahr sieht es gut aus – 140 Nächte sind bereits fix gebucht.

Doch Jürg Mosimann möchte auch Neues umsetzen. «Es soll drei bis vier öffentliche Anlässe pro Jahr mit dem Ziel geben, den Heimverein wieder näher an die Aarburgerinnen und Aarburger heranzubringen», sagt er. Und auch wieder an die frühere Tradition der Heimfeste anzuknüpfen. Wie das aussehen könnte, davon hat der ehemalige «Sälischlössli»-Wirt schon ziemlich deutliche Vorstellungen. Ihm schweben etwa ein Tessiner Abend, ein Sonntagsbrunch oder ein Raclette-Abend vor. Gemütliche, kleine Feste, bei denen man zusammensitzen und geniessen kann. Und die Vorstandsmitglieder des Heimvereins möchten bei den Festen versuchen, neue Mitglieder für den Verein zu suchen. «Denn der Verein ist überaltert», sagt Mosimann und er brauche dringend jüngere Mitglieder, um sein Fortbestehen zu sichern. Am Wochenende vom 9./10. Juni könnte es einen ersten Schritt in die richtige Richtung geben. Dann werden nämlich zwei Tessiner Abende beim Pfadiheim Aarburg stattfinden. 

Ein Bau mit eigenwilliger Architektur – das Pfadiheim im alten Steinbruch.
Bild: Thomas Fürst
Fotos erinnern im Aufenthaltsraum an die Bauzeit 1966/67.
Bild: Thomas Fürst