
Der Hausservice ersetzt die fixe Poststelle
Zofingen Die 78. Folge der beliebten Mühlethaler Geschichten
Das Dorf Mühlethal hatte von 1911 bis 2002 eine eigene Poststelle. Nachdem sie 1956 vom Lindenpass ins Haus von Werner Roth verlegt worden war, scheiterte anfangs der 1990er-Jahre der Plan, sie an den Moosweg in der Oeltrotte zu verlegen. Der Gemeinderat wollte das Baugesuch für die Überbauung «Weiher» mit Post und Wohnungen zwar bewilligen, die Kantonsbehörden verweigerten aber die Zustimmung. Der Grund: «Der minimale Grenzabstand von 6 Metern zwischen der projektierten Überbauung und der Drainageleitung Lochhof-Weiher sei nicht eingehalten», wie das Zofinger Tagblatt am 5. Juni 1990 berichtete. Auch ein Kompromissvorschlag und der Einsatz eines Anwalts von Seiten der Bauherrschaft brachte keine Lösung. Nach 35 Jahren standen bis vor kurzem wieder Profilstangen am gleichen Ort. Man darf gespannt sein, ob das Bauvorhaben am inzwischen wieder frei fliessenden Bach zustande kommen wird.
Die Post als Treffpunkt
Doch zurück zur Geschichte: Erst 1993 wurde schliesslich das neue Postbüro am Postweg 3 eröffnet, im Untergeschoss des Kirchgemeindehauses Eichhölzli. Das Zofinger Tagblatt berichtete vom «Publifax» und dass die Post in einem kleinen Dorf «über den reinen Dienstleistungsbetrieb hinaus auch noch ein Treffpunkt» sei. Das Posthalter-Ehepaar Hansruedi und Kornelia Müller sagte: «Es ist schön, man kennt alle, man kann jeden und jede mit Namen begrüssen.»
Wie viele andere Schweizer Poststellen stand auch diejenige von 4812 Mühlethal dann bald «auf der Kippe». Das Zofinger Tagblatt berichtete am 19. Januar 2001 auf der Titelseite, die Post prüfe die Schliessung von 86 Standorten im Aargau. Neben Mühlethal auch Riken, Bottenwil, Schlossrued und Schmiedrued-Walde. Attelwil und Wiliberg waren schon früher zugegangen. «Einzahlungen könne man heute bequem und rund um die Uhr per Internet erledigen» zitiert Redaktor Beat Kirchhofer die Medienmitteilung der Post, «Telex gebe es nicht mehr und der Telefax sei ein Auslaufmodell». So schnell ändert sich die Welt: 1993 noch als besondere Dienstleistung gepriesen, hat der Fax wenige Jahre später seinen Zenit schon überschritten.
Die letzten Briefe wurden in Mühlethal am 1. Juni 2002 gestempelt, das Posthalterpaar Müller wechselte nach Strengelbach. Die Haushalte im Einzugsgebiet der früheren Post Mühlethal, zu dem auch einige Häuser auf Gemeindegebiet von Uerkheim (am Lindenpass oben) sowie Zofingen (Höfen) gehörten, wurden von Zofingen aus bedient. Und sie profitieren bis heute vom Hausservice. Das heisst Einzahlungen, Aufgabe von Briefen und Paketen sowie einige weitere Dienstleistungen werden von den Briefträgern auch an der Haustüre angeboten.

Bild: zvg





