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Die Häfe-Zunft Brönznau – 67 und kein bisschen müde

Vom 25. bis 27. Februar befindet sich Brittnau im närrischen Ausnahmezustand. Die Fasnachts-Fäden im Dorf zieht die Häfe-Zunft Brönznau. Ein Blick in deren Geschichte mit drei langjährigen Zünftern. 

Brittnau «Mer Rasta us» lautet das Motto der Brittnauer Fasnacht

«Man spürt, dass das Fasnachtsfieber im Dorf langsam, aber sicher wieder steigt», sagt Ueli Lanz zufrieden. Der 74-jährige Brittnauer ist ein begeisterter Fasnächtler und versierter Schnitzelbänkler. Seit 1967 macht Lanz in der Häfe-Zunft Brönznau mit und ist damit «wahrscheinlich der dienstälteste Zünfter im Dorf», wie er selber sagt. Und dieses Jahr soll die Post in Brittnau nach der schwierigen Corona-Zeit wieder so richtig abgehen. «Mer Rasta us» lautet das Fasnachtsmotto. Es dürfte demzufolge in Brittnau während der fünften Jahreszeit zu einigen umstrittenen kulturellen Aneignungen kommen.

Kaum närrisches Treiben nach dem Weltkrieg

Ja, die Fasnacht in Brittnau ist laut, vielfältig, bunt und lebhaft. In den Jahren vor der Gründung der Häfe-Zunft 1956 liess sich das nicht wirklich behaupten. Der Zweite Weltkrieg hatte das närrische Treiben praktisch zum Erliegen gebracht und nach Kriegsende plätscherte die Fasnacht mehr vor sich hin, als dass das Fasnachtsfieber grosse Teile der Bevölkerung erfasst hätte. Schon gar nicht im weitgehend protestantischen Westaargau. Und doch war die Fasnacht in Brittnau wohl nie vollständig eingeschlafen. «Die Fasnacht ist ja eine uralte Tradition, die weit ins Mittelalter zurückgeht», weiss Rolf Kehrli, langjähriger Aktuar und Plakettengestalter der Häfe-Zunft. «Es ist anzunehmen, dass auch die Fasnacht in Brittnau eine sehr alte Tradition aufweist – es fehlen ganz einfach die Unterlagen, welche dies nachweisen würden», sagt der 70-jährige Kurt Graber, seit vielen Jahren Umzugsverantwortlicher der Zunft und mit 54 Jahren Zunftszugehörigkeit auch einer der «Dinosaurier» der Brittnauer Fasnacht.

So stammt denn der älteste, den drei Zünftern bekannte Hinweis auf ein Fasnachtstreiben im Storchendorf aus dem Jahr 1955. Damals führten Werner Widmer (alt Kirchensiegrist), Kurt Schär (Hinterreich), Alfred «Jim» Gerhard und Fritz «Fiz» Fuchs mit weiteren fasnachtsfreudigen Personen eine öffentliche «Geugglete» auf der Strasse durch, heisst es auf der Homepage der Häfe-Zunft. Sie dürfte der eigentliche Auslöser für die Durchführung einer Fasnacht 1956 und die darauffolgende Gründung der Häfe-Zunft gewesen sein. 

13 Gründungsmitglieder

Die Gründungsversammlung der Häfe-Zunft Brönznau wurde am 1. März 1956 durchgeführt. «Am besagten Tag konnten sich 13 Besucher begrüssen, was in Anbetracht der grossen Beteiligung an der Fasnacht selbst, ein sehr kleiner Teil war», stellte der erste Aktuar der Zunft, Paul Brünisholz, im Gründungsprotokoll enttäuscht fest. In den Vorstand wurden Werner Widmer (Präsident), Kurt Schär (Kassier), Paul Brünisholz (Aktuar), Hans Rüegger (Materialverwalter) und Fredi Gerhard (Beisitzer) gewählt. Weitere Gründungsmitglieder waren Andres Gerhard, Robert Gerhard, Hans Glur, Hansruedi Humm, Ernst Kunz, Ernst Lerch, Hansruedi Lerch und Walter Zimmerli. «Es ist kaum zu vermuten, dass die Fasnacht von Brittnau, die in einem tiefen Loch steckte, wieder an die Oberfläche gezogen worden wäre, wenn nicht die Tatkraft dieser beiden Männer mitgeholfen hätte, das Interesse anderer zu fördern», widmete der Aktuar den beiden eigentlichen Initianten der Häfe-Zunft, Werner Widmer und Kurt Schär, im ersten Protokoll ein grosses Kränzchen. 

Mehr Brennhäfen als Stimmberechtigte …

Nach der Gründung der Zunft, welche sich die Organisation der Fasnacht und die Förderung des närrischen Treibens auf die Fahne geschrieben hatte, wurde die Fasnacht ein fester Teil im Jahreskalender des Dorfs im wilden Westen – manch einer behauptet sogar im wildesten Westen – des Aargaus. Von Beginn weg mit allem, was zu einer richtigen Fasnacht gehört. Umzug, Schnitzelbänke, Wagenbau, Guggenmusik und Bälle. Insbesondere natürlich dem «Hotschenball», der früher noch im legendären Sonnensaal stattfand. «Der ‹Hotschenball› ist sicherlich auch älter als die Zunft selbst», stellt Ueli Lanz klar. Er endet heute noch mit dem traditionellen Mehlsuppen-Essen am frühen Dienstagmorgen. Ja, die Mehlsuppe nach dem närrischen Treiben – sie leitet über zur nächsten Frage: Woher kommt denn der Name «Häfe-Zunft Brönznau»? Ueli Lanz schmunzelt. «Schon früher wurde erzählt», sagt er, «dass es im Dorf mehr Brennhäfen gäbe als stimmberechtigte Bürger». Und auch das Wort «Brönznau» sei ja ein Zusammenzug von «Gebranntem» und «Brittnau». 

Im Lauf der Zeit hat sich auch die Brittnauer Fasnacht immer wieder leicht gewandelt. «Früher war die Fasnacht mehr eine Beizenfasnacht, führt Ueli Lanz aus, heute eher eine Strassenfasnacht. «Das Zirkulieren von Beiz zu Beiz ist kaum mehr möglich, weil die Beizen zunehmend fehlen», sagt er. Und dieses Jahr verzichtet die Zunft erstmals auf die Durchführung des Kehrausballs, der jeweils am Samstag nach der Fasnacht durchgeführt wurde. «Das Interesse am Ball hat im Lauf der Jahre immer mehr abgenommen», sagt Rolf Kehrli, nun habe man sich entschlossen, ganz auf die Durchführung zu verzichten. Schade sei auch, dass sich die Schule ab diesem Jahr nicht mehr an der Kinderfasnacht beteilige, fügt Ueli Lanz an, obwohl die Häfe-Zunft das gesamte Material sowie das Zvieri nach dem Umzug finanziert habe. Auf die Durchführung der Kinderfasnacht will die Häfe-Zunft aber nicht verzichten – sie wird nun privat organisiert. «Das zeigt auch, dass vielen Leuten im Dorf die Fasnacht wichtig ist», betont Ueli Lanz.

Ein prägender Verein im Dorf

Etliche Zünftler waren 1973 auch daran beteiligt, dass im Storchendorf unter der Führung von Heinz Bienz eine selbständige Guggenmusik, die dieses Jahr also ihren 50. Geburtstag feiern darf, gegründet werden konnte. Am 3. August 1973 wurde die Gründungsversammlung im Restaurant «Brauerei» abgehalten, bereits im Folgejahr wurde mit Beatrice Sinner eine erste Frau Mitglied bei den «Häfe-Gugger Brönznau». Die Häfe-Zunft hingegen ist bis heute ein reiner Männerverein geblieben. «Die Zunft ist stets ein prägender Verein im Dorf gewesen», hält Kurt Graber fest, denn sie besitze viel Material, das sie anderen Dorfvereinen immer wieder zur Verfügung stellen könne. «In unserem ‹Hüttli› im Graben haben wir bald ein Platzproblem», sagt Kurt Graber. Neben einem grossen Materiallager verfügt die Zunft auch über einen riesigen Fahrzeugpark mit rund zwanzig Wagen, meistens alte Ladewagen, die sie Vereinen und Gruppen für den Umzug zur Verfügung stellen kann. Der eine oder andere wird dann von einem alten Traktor gezogen – auch das eine Besonderheit der Brönznauer Fasnacht. Denn die «Freunde alter Traktoren Schötz» beteiligen sich seit vielen Jahren am Brittnauer Fasnachtsumzug.

Ein Umzug, der auch dieses Jahr mit 36 Nummern eine ansehnliche Grösse und eine gute Mischung von Guggen und Wagencliquen aufweisen wird. «Der Umzug, welcher jeweils von 3000 – 4000 Leuten verfolgt wird, wird auch dieses Jahr viel Freude machen», ist sich Rolf Kehrli sicher. Und ein schöner Umzug sei auch für die Zünfter die schönste Belohnung für die grosse Arbeit. «Für den Umzug arbeiten wir im Graben während etwas mehr als drei Monaten geschätzte 1000 Stunden», hält Kurt Graber fest. So hoffen denn die drei Zünfter vor allem auf eins: Schönes Wetter.

Fasnacht Brittnau 2023

Samstag, 25. Februar, 20 Uhr, Maskenball

Sonntag, 26. Februar, 13.45 Uhr, Umzug

Montag, 27. Februar, 14.30 Uhr, Kinderumzug und Kinderfasnacht

Montag, 27. Februar, 20 Uhr, Hotschenball

Am Umzug 2017 hatte Koch Ueli Lanz etwas Mühe, sein «Wärre-Ghackets» unter die Leute zu bringen.
Bild: Archiv Wiggertaler / Kurt Buchmüller
Am Hotschenball geht es oft etwas wild zu und her.
Bild: Archiv Wiggertaler / Kurt Buchmüller