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Ein Fischsterben ist in der Region momentan nicht zu befürchten

«Für die Fische stehen die Zeichen auf Tragödie» liess der Schweizerische Fischerei-Verband in einer Pressemitteilung Mitte Juli verlauten. Steht also ein grosses Fischsterben bevor? Nachgefragt bei Hans Plüss, Fischereiaufseher aus Riken. 

Riken Als Fischereiaufseher hat der Rikner Hans Plüss ein wachsames Auge auf die Wassertemperaturen

«Bei der Turnhalle habe ich 18 Grad gemessen – hier ist es ja noch kälter», sagt Hans Plüss, nachdem er das Thermometer bei der Kneippanlage am Vordemwalder Erlebnisweg aus der Pfaffnern gezogen. 15 Grad zeigt es an. «Das ist eine ideale Temperatur für die Fische», betont der 68-Jährige Rikner erfreut. Seit vielen Jahren ist der passionierte Fischer als Fischereiaufseher tätig. In dieser Funktion ist Plüss unter anderem für die Einhaltung der geltenden Vorschriften durch Fischer und andere Gewässernutzer sowie die Meldung allfälliger Gewässerverschmutzungen an die Polizei zuständig. Von einem Fischereiaufseher wird aber auch aktive Mithilfe bei Projekten erwartet, bei denen es zum Beispiel um das Beobachten von Bestandesentwicklungen von Äschen, Laichaktivitäten und Jungfischaufkommen bei Forellen oder Erfolgskontrollen wie Zählungen bei neu geschaffenen Fischaufstiegen geht. Über den Jahreswechsel wandelt sich der Fischereiaufseher regelmässig zum «Geburtshelfer», indem er Weihnachtsbäume als Laichhilfe für Egli in den Flüssen versenkt.

Schwimmen mit Thermometer

In der Region teilen sich fünf Mitglieder des Fischereivereins Aarburg in die Aufgaben des ehrenamtlich tätigen Fischereiaufsehers. Sie sind momentan vorwiegend damit beschäftigt, die Temperaturen von Bächen, Flüssen und Kanälen zu überwachen. Hans Plüss ist hauptsächlich für die Strecke Murgenthal – Rothrist an der Aare sowie für die Pfaffnern und den Rotkanal zuständig. In der Aare verbindet Plüss die Arbeit mit dem Vergnügen. «Ich gehe mit meiner Frau regelmässig in der Aare schwimmen – das Thermometer ist dann immer dabei», sagt er.  

Die aktuellen Wassertemperaturen liegen in der Region durchwegs im grünen Bereich, trotz der seit Mai anhaltenden Hitze mit Lufttemperaturen, die regelmässig über 30 Grad lagen. 20 ½ bis 21 Grad in der Aare, 18 Grad in Rotkanal und Pfaffnern hat Plüss letzte Woche gemessen. Hat der Schweizerische Fischereiverband also unnötig Panik geschürt, als er in einer Pressemitteilung von Juli verlauten liess: «Für die Fische stehen die Zeichen auf Tragödie»? «Nein», meint Plüss und verweist darauf, dass zum Beispiel die Fische in der Sissle im aargauischen Fricktal Ende Juli abgefischt werden mussten, weil der Bach kein Wasser mehr führte, erwähnt auch die hohen Temperaturen an der Aare bei Benznau, wo das Atomkraftwerk mit Aarewasser gekühlt wird. «Aber in unserer Region sind wir momentan weit davon entfernt, dass wir Fische mit Massnahmen wie Ausbaggern von Flussläufen oder im Extremfall mit Abfischen retten müssten», stellt Plüss klar, und ein Fischsterben sei in der Region momentan überhaupt nicht zu befürchten.

Notfallmassnahmen sind vorbereitet

Doch es bleibe wichtig, die Wassertemperaturen genau im Auge zu behalten, denn alle Prognosen deuten darauf hin, dass die Temperaturen weiterhin hoch bleiben – und der lang ersehnte Regen weiterhin nur spärlich fallen dürfte. Der Kanton Aargau hat ein Merkblatt herausgegeben, auf dem die wichtigsten Notfallmassnahmen aufgeführt sind. Dazu gehören die Einschränkung von Bauarbeiten im und am Gewässer, die zeitliche und lokale Einschränkung von Freizeitaktivitäten wie Baden, Tauchen oder Bootfahren, Verbot von Wasserentnahmen und auch ein Fangmoratorium für Pächterinnen und Pächter. «Für Petrijünger ist es Ehrensache, während Hitzeperioden nicht zu fischen», stellt Hans Plüss klar, dann sei zusätzlicher Stress für Fische zu vermeiden. Eine Notabfischung wird heute nur noch als letzte zur Verfügung stehende Massnahme durchgeführt und auch nur dann, wenn ein geeignetes Umsiedlungshabitat in der Nähe zur Verfügung steht und eine Bewilligung der kantonalen Fachstelle vorliegt.

Artenzusammensetzung in der Aare hat sich verändert

Seit 1996 werden die Fischfangerträge mit den häufigsten Arten in Flüssen und Bächen erfässt. Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass die Fänge in den letzten 25 Jahren tendenziell nach unten zeigen. Waren es im Rekordjahr 1998 noch über 18´000 Fische, welche aus der Aare gezogen wurden, so waren es im letzten Jahr gerade noch 3486. Die Folgerung, dass auch die Fischbestände tendenziell kleiner geworden sind, lasse sich so ziehen, bestätigt Hans Plüss. 

Auch die Artenzusammensetzung habe sich verändert. Die nicht einheimische Regenbogenforelle ist praktisch ganz aus der Aare verschwunden, die Forelle und die Äsche kommen kaum mehr vor. Hauptfisch in der Aare ist der Alet, auf dem Vormarsch ist auch der Wels. Für Hans Plüss ein klares Indiz dafür, dass die wärmeliebenden Arten auf dem Vormarsch sind. «Ab einer Wassertemperatur von etwa 23 Grad wird es für Äsche und Forelle problematisch, ab 25 Grad auch für den Alet», sagt der Fischereiaufseher.

Fliessgewässer und Klimaerwärmung – ein heisses Thema

Die aktuellen Klimaszenarien zeigen, dass die Wassertemperaturen von Flüssen und Bächen im Sommer um 3 – 9 Grad ansteigen können, gleichzeitig werden Trockeperioden und Hitzewellen deutlich zunehmen und länger andauern. Keine guten Aussichten für die Fische. Eine 2019 durchgeführte Feldstudie – untersucht wurden die Temperaturen im Erusbach bei Villmergen und an der Sihl – zeigt, dass Bachforelle und Äsche ohne Gegenmassnahmen zumindest im Schweizer Mittelland aussterben werden.

Die Studie kommt unter anderem zum Schluss, dass insbesondere an kleineren und mittleren Fliessgewässern mit einer genügenden Beschattung einer Erwärmung der Wassertemperatur vorgebeugt werden kann. Die Pfaffnern sei vorbildlich, betont Hans Plüss. «Die Ufer sind bestockt und sorgen damit für schattige Stellen». Entsprechend gut sei der Fischbestand. «Wir Fischer sind sehr glücklich mit dem Bach», meint er. Doch gefischt wird momentan trotzdem nicht. Denn es fliesst weniger Wasser als üblich, 0,17 Kubikmeter / Sekunde statt 0,25 wie im Durchschnitt. «Das ist einfach Ehrensache», sagt Plüss nochmals.

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