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Ein schönes Stück regionaler (Bau)-Geschichte abgelichtet

Seinen Beruf als Bauleiter und sein Hobby Fotografieren hat der ehemalige Aarburger Museumskonservator Max Roth immer verbinden können. Baustellen waren eines seiner Lieblingsmotive. Seine Fotos dokumentieren die baulichen Entwicklungen in und rund um Aarburg.

Aarburg Max Roth ist leidenschaftlicher Sammler und Fotograf

Die Anfrage kommt überraschend. «Hättest Du Interesse an meinen Fotos aus Aarburg ab 1964?» Natürlich geht es dem inzwischen 86-jährigen Max Roth nicht darum, irgendwelche persönlichen Familienfotos öffentlich zu machen. An den Fotos, die der ehemalige Konservator des Aarburger Heimatmuseums zugänglich machen will, besteht aber durchaus ein öffentliches Interesse. Doch die ganze Geschichte von Beginn an.

Berufeshalber in die Region gekommen

Nach der obligatorischen Schulzeit erlernte der in Ruswil und Cham aufgewachsene Max Roth den Beruf eines Maurers, später bildete er sich an der Bauschule in Aarau zum Bauführer weiter und absolvierte die eidgenössische Meisterprüfung. Durch seinen Beruf sei er auch in die Region Zofingen gekommen. «Die Region sollte ja damals zu einem zweiten Zürich werden», sagt Max Roth in Anlehnung an die in den späten 1960-er-Jahren entwickelte Vision von einer mittelländischen Grossstadt Arolfingen (Aarau – Olten – Zofingen). Die Wachstumsprognosen kannten zu dieser Zeit keine Grenzen. Sinnbildlich dafür steht das eo-Gebäude an der Oftringer Kreuzung – auch die Gebäude wuchsen damals in die Höhe. Um einiges profaner war der Beweggrund für den jungen Berufsmann Max Roth, seinen Lebensmittelpunkt in die Region zu verlegen. Die ehemalige Aarburger Baufirma Robert Wullschleger AG habe ihm damals als Bauführer einen um 100 Franken höheren Monatslohn als eine Zuger Firma geboten, sagt er. Die Firma in Zug gebe es übrigens heute noch, schmunzelt Roth, während man die Baufirmen in der Region an einer Hand abzählen könne. So ist Roth zuerst in Oftringen, später in Aarburg sesshaft geworden und hat hier eine Familie gegründet.

Die Arbeiten im Aarburger Baugeschäft seien spannend und vielfältig gewesen, fügt Roth an. So konnte sich die Aarburger Baufirma beispielsweise einen Auftrag bei der Ausgrabung der Ruine Wartburg 1966/67 sichern. Über die Beteiligung an einem Konsortium war sie auch am rund dreieinhalb Jahre dauernden Bau der Autobahn N1 in der Region beteiligt; das entsprechende Teilstück Oensingen – Hunzenschwil wurde dann am 10. Mai 1967 eröffnet. 

Autobahnbau 1966 zwischen Rothrist und Oftringen.
Bild: Max Roth

Wertvolle Zeitdokumente

«Ich habe nach meiner Schulzeit mit dem Fotografieren begonnen», erinnert sich Roth, der sich 1963 eine erste wirklich gute Kamera, eine Pentax, zutat. Und damals auch einen Fotografie-Kurs besuchte, weil er Genaueres über sein Hobby wissen wollte. Mit der Arbeit in der Baubranche sei dann einfach ein neues Sujet dazugekommen, erläutert er. Denn bei seinen Gängen auf die Baustellen der Region war meist auch die Kamera dabei. Entstanden sind so Hunderte, wohl eher Tausende Fotos. Wertvolle Zeitdokumente, die heute ein schönes Stück Baugeschichte in Aarburg und in der Region dokumentieren. 

Nach seinem zwischenzeitlichen «beruflichen Abschied» aus der Region – Max Roth war unter anderem als Bauleiter für die Baustellenaufsicht beim Bau des KKW Gösgen zuständig, später als Anlagenkennzeichner in Kraftwerken bei der BBC tätig – wurde er fotografisch nach seiner Pensionierung 2002 wieder vermehrt in der Region tätig. «Ein absoluter Glücksfall» sei es für ihn gewesen, dass ihn die Gemeinde Aarburg als Nachfolger des legendären Edi Wanitsch zum Konservator des Heimatmuseums ernannte. «In den elf Jahren habe ich im Museum sehr viel Material inventarisieren können», erläutert Roth, dem insbesondere die fachgerechte Einlagerung der Fotosammlung, die damals auch digitalisiert wurde, ein grosses Anliegen war. Die Sammlung enthält viele Fotos des ehemaligen Aarburger Fotografen Carl Lüscher mit eigenem Fotofachgeschäft im Städtchen und den Nachlass von dessen Nachfolger Adolf Gmünder, der noch vielen Bewohnerinnen und Bewohnern des Aarestädtchens ein Begriff sein dürfte. «Von Lüscher waren sogar noch Glasplatten vorhanden, deren Erhalt dringend gesichert werden musste», weiss Roth.

Wohnen statt arbeiten – Verkehr vor Landwirtschaft

Inventarisieren und archivieren war das eine, selbst fotografieren das andere. In den Jahren, in denen er als  Museumskonservator tätig war, war Max Roth selbst viel mit dem Fotoapparat unterwegs im Aarestädtchen. Mit Vorliebe dort, wo gerade gebaut wurde. Und in Aarburg wurde viel gebaut. In den Jahren 2005 – 2007 etwa die Ortskernumfahrung, welche das Städtchen von den rund 30´000 Fahrzeug-Durchfahrten täglich entlasten sollte. Mit seinen Fotos lässt Max Roth nicht nur die Erinnerung an diese Zeit wach werden, er zeigt mit seinen Fotos von 2009 auch auf, wie rasch die Narben der riesigen Baustellen wieder zuwuchsen.

Die riesige Baustelle am Tunnelportal Nord.
Bild: Max Roth

Es sind aber auch Fotos, die zeigen, wieviel Kulturland in Aarburg und auch in der Region dem Verkehr geopfert wurde. Allein beim Bau des Autobahn-Teilstücks Rothrist – Kölliken wurde 1,55 Mio. Kubikmeter Erdreich bewegt. Mit seinen Fotos dokumentiert Max Roth aber auch eine zweite grundlegende Entwicklung. «Wo früher gearbeitet wurde, wird heute vielfach gewohnt», betont er. Wo früher die Schuhleistenfabrik an der Pilatusstrasse stand, steht heute die Überbauung Falkenburg-Park. Wo früher die Chemische Fabrik G. Zimmerli AG stand, steht heute die Überbauung Zimmerli-Allee. Auf einem unüberbauten Areal der ebenfalls nicht mehr bestehenden Weber Textilwerke AG steht heute die Überbauung Webipark. Und so weiter … Es sind viele industrielle Arbeitsplätze verloren gegangen.

Abbruch der ehemaligen Schuhleistenfabrik an der Pilatusstrasse.
Bild: Max Roth

Vom Sammelfieber gepackt

Das Interesse am Historischen äussert sich bei ehemaligen Aarburger Museumskonservator auch in einer schier grenzenlosen Sammelleidenschaft. «Mein ganzes Haus steht voller Sammlerstücke», sagt er, er könne einfach nichts wegwerfen. Schon auf den Baustellen habe er immer einen Blick in die Abfuhrcontainer geworfen – das sei etwa der Anfang für eine Lampensammlung gewesen. Daneben habe er auch Militaria, Scheren, Gliedermassstäbe, Briefmarken oder Radios gesammelt. Nur mit dem Sammeln alter Postkarten von Aarburg habe er aufgehört, als er einmal die entsprechende Sammlung des leider verstorbenen Ueli Heiniger besichtigen durfte. «Die war so umfassend, da habe ich kapituliert», sagt er lachend.