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Naturschutzverein hat im Dorf nachhaltige Spuren hinterlassen

40 Jahre Naturschutzverein Rothrist – eine Erfolgsgeschichte. Möglich geworden, weil hinter dem Verein viele Leute standen, die zwar forderten, aber auch bereit waren, sich tatkräftig zu engagieren. Und dank vielen langjährigen Partnerschaften. Ein Blick zurück und voraus aufs Jubiläumsjahr mit Co-Präsident Beat Rüegger.

Rothrist 40 Jahre Naturschutzverein – erster Jubiläumsanlass am 18. März

Die Flachwasserzone im Hungerzelg entstand im Rahmen der Güterregulierung beim Neubauprojekt Bahn 2000 Mattstetten – Rothrist.
Bild: Beat Rüegger

Ein wunderbarer Rundgang, der rund 1 ½ Stunden dauert: Man trifft sich beim Lehenhof, von da führt ein kurzer Fussmarsch zum Kraftwerk Ruppoldingen. Dort referiert Thomas Fürst, Geschäftsführer der Alpiq Hydro Aare AG, über ökologische Stromerzeugung und den Alpiq Ökofonds, anschliessend folgt eine Bootsfahrt die Aare aufwärts bis zur militärischen Übersetzstelle. Während der Fahrt gibt Barbara Wiget-Liebi, Co-Präsidentin des Naturschutzvereins Rothrist, die wichtigsten Facts zu den Naturschutz-Massnahmen an der Aare weiter. Nach der Aarefahrt gehts weiter mit Traktor und Wagen durch die Wässermatten in der Hungerzelg – auf der Fahrt erklärt Beat Rüegger, Co-Präsident des Naturschutzvereins, wieso das Gebiet heute ein Hotspot der Biodiversität ist. Zurück beim Lehenhof stellt Hans Braun seinen Hof vor, den er, als einer der Bio-Pioniere der Schweiz, bereits 1999 auf biologische Landwirtschaft umgestellt hatte. Beim Lehenhof gibt es auch die Möglichkeit, sich zu verpflegen.

«Ökologische Landwirtschaft und Stromerzeugung» – so heisst der erste Jubiläumsanlass, mit dem der Naturschutzverein Rothrist (NVR) am Samstag, 18. März, sein 40-jähriges Bestehen feiern wird. «Ein Jubiläum, das wir mit unseren Partnern feiern wollen», betont Beat Rüegger, «denn nur dank starken und langjährigen Partnerschaften konnten wir derart viele Projekte umsetzen». Der erste Rundgang startet um 9 Uhr, weitere folgen in regelmässigen Abständen bis etwa 12 Uhr. Bei schlechtem Wetter fällt die Bootsfahrt ins Wasser, der entsprechende Weg müsste unter die Füsse genommen werden.

Spuren sind überall im Dorf zu finden

Ob Buntbrachen, Hecken, Weiher im Kulturland oder im Wald, Biotope in Kiesgruben, Auenstandorte am Aareufer, Flachwasserzone in der Hungerzelg, Karpfenteich im Gfill oder Naturgarten beim Miescherheimet – wer sich durchs Gemeindegebiet von Rothrist bewegt, findet überall Spuren des Naturschutzvereins. «Mehr als 100 Projekte wurden bisher initiiert, begleitet, geschaffen oder angeregt», weiss Beat Rüegger, Vorstandsmitglied der ersten Stunde, Taktgeber, langjähriger Präsident und heutiger Co-Präsident des Vereins.

Angefangen hat alles relativ bescheiden. Im Zentrum der Aktivitäten standen zu Beginn rund 200 Nistkästen im Staatswald, die es nach dem Hinschied von Werner Haller weiter zu betreuen galt. Eine Gruppe von Naturschützern nahm sich der Aufgabe an und gründete 1983 den NVR. Erster Präsident war Werner Hablützel, dem Vorstand gehörten weiter Manfred Buchwalder, Fritz Hofer, Kurt Jäggi und Beat Rüegger an. Zwar konnte der Verein 1984 ein erstes Schutzgebiet verwirklichen, einen Teich im Gebiet Helbrig, und 1993 eine Heckenpflanzaktion um die Pumpwerke Hungerzelg und Rägelerhof durchführen. «Man muss wirklich sagen, dass es in den ersten Jahren – trotz einem regen Briefverkehr mit dem Gemeinderat – mit dem Naturschutz in Rothrist nicht richtig vorwärts gehen wollte», führt Beat Rüegger aus.

Ein erstes Leuchtturmprojekt

Richtig vorwärts, das ging es in Sachen Naturschutz in Rothrist ab 1996. Als erstes grosses Projekt konnte der NVR ein Naturschutzreservat in der Grube im Oberwiler Feld verwirklichen – dies als Kompensation für die Schaffung einer Gewerbezone im Grubenareal. Die Grube sieht zwar karg aus, sie ist aber einer der artenreichsten Lebensräume in der Gemeinde, in dem verschiedenste Heuschreckenarten, unzählige Amphibien und Schmetterlinge vorkommen, Teichrohrsänger und Goldammer brüten sowie Rotmilan, Schwarzmilan und Wanderfalke Nahrung suchen. Während des Vogelzugs ist die Kiesgrube ein idealer Rastplatz. «Die Zusammenarbeit mit der Gemeindebehörde zeigte damals beiden Seiten auf, wieviel man gemeinsam erreichen konnte», sagt Beat Rüegger. 

Ganz neue Möglichkeiten für den Naturschutz

Zwei Grossprojekte – die Neubaustrecke Bahn 2000 Mattstetten-Rothrist und der Neubau des Kraftwerks Ruppoldingen – eröffneten dem Naturschutz ab 1996 bisher undenkbare Möglichkeiten. «In den Jahren 1996 – 2000 erfolgte ein Quantensprung», meint Beat Rüegger. 

Die mit dem Neubauprojekt Bahn 2000 verbundene Güterregulierung musste erstmals im Aargau zwingend 15 % ökologische Ausgleichsflächen beinhalten. Die SBB stellten 5000 Quadratmeter Land für Naturschutz zur Verfügung, der Verein kaufte 31 Aren Landwirtschaftland hinzu. So konnte an bester Lage im Zentrum des Regulierungsgebiets eine Flutmulde entstehen. Bei der Realisierung weiterer Ökoflächen konnte der Verein nicht nur seine Ideen einbringen, er setzte die Ausgleichsmassnahmen weitgehend selbst um. «Die SBB haben bald gemerkt, dass ihnen der NVR durch seine praktische Mitarbeit im Prinzip die Kosten für ein Ökobüro erspart – deshalb konnten die Projekte auch so schnell durchgezogen werden», betont Beat Rüegger. 

Es sei sicher ein Glücksfall gewesen, dass praktisch gleichzeitig auch der nördlich angrenzende Naturraum Aare aufgewertet worden sei, betont Beat Rüegger. Im Zusammenhang mit dem Neubau des Kraftwerks Ruppoldingen war der NVR mit zwei Mitgliedern in der Begleitkommission vertreten und konnte dort seine Anliegen direkt vertreten. Für 20 Mio. Franken wurden die Auengebiete vergrössert sowie natürliche Ufer- und Flachwasserzonen geschaffen.

Ausgelöst von diesen Projekten ergab sich in der Folge eine äusserst produktive Zusammenarbeit des Vereins mit seinen Partnern: Der Familie Braun als Bewirtschafter des Lehenshofs, der Alpiq, der Abteilung Landschaft und Gewässer des Kantons Aargau und nicht zuletzt mit dem Rothrister Gemeinderat. 1999 sammelte der NVR Geld, um Landwirte für Buntbrachen besser zu entschädigen. 2003 wurde ein Naturlehrpfad an der Aare geschaffen. 2004 realisierte die SBB das Naturschutzgebiet im Hölzli, 2011 trug der Alpiq Ökofonds wesentlich zur Finanzierung des Karpfenteichs im Gfill bei. 

Engagement im Siedlungsbereich und in der Jugendarbeit verstärkt

In jüngerer Zeit – und mit dem sich anbahnenden Generationenwechsel – hat sich der Verein vermehrt auch ökologischen Anliegen im Siedlungsbereich angenommen. Prunkstück dieser Arbeit im Rahmen des Naturama-Projekts «Natur findet Stadt» ist sicherlich der Naturgarten im Miescherheimet von 2019, der unter der Führung von Barbara Wiget-Liebi und Margreth Ehrismann entstand. Mit den «Mach mit!»-Anlässen, die sich explizit an Kinder und Jugendliche wenden, verstärkte der Verein in den letzten Jahren auch seine Jugendarbeit. Der Verein arbeitet offensichtlich auch an seiner Zukunft …

Ein reichhaltiges Jubiläumsprogramm

Doch dieses Jahr soll erst einmal gefeiert werden. Mit einem abwechslungsreichen Jubiläumsprogramm, das unter dem Motto «Tue Gutes und zeige es» steht. Am kommenden Samstag geht es – wie eingangs beschrieben – beim Lehenhof los. Der zweite Jubiläumsanlass «Vogelspaziergang mit Geschichten drum herum und anschliessendem Apéro-Gezwitscher in Naturgarten» wird geleitet von Jounalist und Vogelbeobachter Urs Heinz Aerni. Er findet unter Mitwirkung der beiden NVR-Partner Schul- und Gemeindebibliothek sowie Hallwyler AG/Rhodo Gartenbau im Naturgarten beim Miescherheimet statt, und zwar am 2. Juni ab 18 Uhr. Aktive Mitarbeit ist dann am 17. Juni gefragt – am Neophytentag, den der NVR zusammen mit der Gemeinde Rothrist durchführt. Und schliesslich wird auch der Rothrister Waldgang vom 26. August gemeinsam vom Forstbetrieb Region Zofingen und dem NVR durchgeführt. Fast schon obligatorisch das gewählte Thema – «Naturschutz im Wald». Attraktive Anlässe, bei denen man auch Erwachsenen nur empfehlen kann: «Mach mit!» Das gesamte Jahresprogramm des Vereins findet sich unter www.natur-rothrist.ch.

Die Kiesgrube im Oberwiler Feld ist einer der artenreichsten Lebensräume auf dem Gemeindegebiet.
Bild: Beat Rüegger
Die Flachwasserzone bei den Boninger Inseln wurde beim Neubau des Kraftwerks Ruppoldingen geschaffen.
Bild: Beat Rüegger
Das jüngste Leuchtturm-Projekt des Naturschutzvereins: Der Naturgarten beim Miescherheimet.
Bild: Beat Rüegger