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Ofenfrisch in die Zukunft: Wälchli bleibt Wälchli

Aufatmen bei den 160 Angestellten der Bäckerei Wälchli. Nach längerer Suche ist die Zukunft des traditionsreichen Betriebs geregelt, sämtliche Arbeitsplätze bleiben erhalten. Leo Iseni führt den Betrieb in die Zukunft, Ruth Haab steht ihm in einer Übergangszeit zur Seite. René Wälchli scheidet aus der Geschäftsleitung aus, steht aber weiterhin in der Backstube im Einsatz.

Rothrist Erfolgreiche Nachfolgeregelung bei der Bäckerei Wälchli

«Grüezi mitenand», sagt der junge Mann in breitestem «Züüridüütsch», der eben in rasantem Tempo zur Türe hineingekommen ist. Im Leben von Leo Iseni, dem in Zürich-Oerlikon aufgewachsenen Secondo mit albanischen Wurzeln, muss immer etwas laufen. Und momentan läuft gerade besonders viel. Denn der 35-Jährige ist der neue Inhaber der traditionsreichen Bäckerei Wälchli mit Sitz in Rothrist. Iseni hat per Mitte April alle zwölf Filialen sowie die vier Produktionsstandorte des grössten regionalen Bäckereibetriebs übernommen. Und sämtliche 160 Mitarbeitenden. «Es hatte für mich erste Priorität, die Stellen aller Mitarbeitenden zu erhalten», betont Iseni, der mit dem Einstieg in die Bäckerbranche Neuland betritt. «Ich war seit 2010 als selbständiger Unternehmer im Lebensmittel-Bereich tätig, wo ich mehrere Filialen eines grossen Detailhändlers mit bis zu 100 Mitarbeitenden als Franchisingnehmer geführt habe», verrät er. Mit einer breiten Ausbildung im Rucksack. Iseni hat eine kaufmännische Ausbildung absolviert und sich anschliessend zum Verkaufsfachmann, später zum Verkaufsleiter weitergebildet und nennt auch einen Master of Business Administration (MBA) sein eigen. «Nach 15 Jahren unternehmerischer Tätigkeit im Franchising-System ist bei mit der Wunsch nach vollständiger Selbständigkeit und einer grösseren Herausforderung immer stärker geworden», führt der vierfache Familienvater weiter aus, denn er könne und wolle in seinem Leben nicht einfach stehen bleiben. Als er im September letzten Jahres gesehen habe, dass die Bäckerei Wälchli zum Verkauf steht, habe er sofort gewusst: «Das will ich anschauen».

Langwierige Suche nach einem Nachfolger

«Die Suche nach einer Nachfolgelösung hat sich doch etwas hingezogen», sagt Ruth Haab, Geschäftsführerin der traditionsreichen Rothrister Bäckerei. Insgesamt zwei Jahre sind sie und René Wälchli zusammen mit einem externen Büro auf der Suche nach einer Lösung gewesen. «Dabei hat unsere beachtliche Grösse auf mögliche Interessenten eher abschreckend gewirkt», blickt Ruth Wälchli zurück. Ein Verkauf von Teilen wäre zwar möglich gewesen. «Doch für uns kam nur ein Verkauf des gesamten Geschäfts in Frage», führt sie weiter aus. Als sich Leo Iseni im September 2024 für die Firma zu interessieren begann, sei dann wirklich Bewegung in die Geschichte gekommen. «Die Chemie zwischen uns hat sofort gestimmt», betont Ruth Haab. Denn Leo Iseni habe viel Potenzial im Unternehmen gesehen, obwohl die Jahre nach der Pandemie mit den zuletzt stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreisen für die Bäckerei Wälchli alles andere als einfach gewesen seien.

«Ich sehe mein Investment langfristig», betont Leo Iseni, der in naher Zukunft auch in der Region Wohnsitz nehmen will. Er gehe seine neue Herausforderung mit Respekt an, deshalb sei es für ihn nicht nur wichtig, sondern Bedingung gewesen, dass Ruth Haab mindestens zwei weitere Jahre im Unternehmen verbleibe. «Ruth kennt die Abläufe aus dem Effeff und wir verstehen uns hervorragend», betont Iseni, und das werde die Firma auch vorwärts bringen. Nun gelte es vorerst, den Betrieb zu konsolidieren, ältere Standorte zu modernisieren und wo möglich, die Prozesse zu optimieren. «Sinnvoll wäre in erster Linie ein Zusammenlegen der vier Produktionsstandorte an einem einzigen», betont Iseni. Langfristig könne auch eine Expansion wieder zum Thema werden.

Von der Dorfbäckerei zur grössten regionalen Bäckerei

Die Bäckerei Wälchli wurde 1985 von René und Ida Wälchli gegründet. Die Rothrister Dorfbäckerei beschäftigte damals acht Mitarbeitende. 2007 bat René Wälchli Ruth Haab, seinen Betrieb mit nunmehr 25 Mitarbeitenden einer Analyse zu unterziehen. Ruth Haab kam zum Schluss, dass die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens im Wachstum liegt und anerbot sich, die Geschäftsführung während zwei Jahren zu übernehmen – und dann wieder zu gehen. Der Rest ist Geschichte. Ruth Haab ist immer noch der Motor des Unternehmens – die Bäckerei Wälchli expandierte ab 2010 mehr und mehr. Heute beschäftigt das Unternehmen 160 Mitarbeitende, betreibt an den 12 Standorten auch neun gemütliche Cafés und bietet zusätzlich einen Partyservice sowie einen Znüniverkauf an.

René Wälchli wird weiterhin in der Produktion mitarbeiten.
Bild: Thomas Fürst

«Wir haben die bestmögliche Nachfolgelösung getroffen», sagt auch René Wälchli, nachdem sich eine «Bäckerei-Lösung» zerschlagen habe. Er sei nun dankbar, die Verantwortung für den Betrieb nicht mehr mittragen zu müssen, zumal die Belastung nach Corona doch spürbar grösser geworden sei. Auf der anderen Seite schmerze es doch, «sein» Geschäft nach 40 Jahren und vier Monaten abzugeben. «Ich habe viel Herzblut ins Unternehmen gesteckt», betont Wälchli. Unter dem Strich könne er «mit einem lachenden und einem weinenden Auge» loslassen. Der 64-Jährige wird auch zukünftig in der Produktion mitarbeiten, wo er sein grosses Fachwissen einbringen und beratend zur Seite stehen kann. Auch als Prüfungsexperte wird Wälchli weiterhin tätig bleiben. «Und dann ist es einfach auch schön, dass ich mehr Zeit für meine Hobbies habe», meint der nun in Aarburg wohnhafte Wälchli, der in seiner Freizeit gerne Motorflugzeuge steuert und reist.

Wälchli bleibt Wälchli

Bleibt noch die Frage nach einer Namensänderung. «Auf keinen Fall», betont Leo Iseni, «Wälchli bleibt Wälchli». Die erstklassige Qualität der Produkte und der gewohnte Service soll so bleiben, wie man ihn kennt. Und die Firma soll der zuverlässige und sichere Arbeitgeber bleiben, der er schon bisher war. Das sind doch – denkt man etwa an die Betriebsschliessung bei Benteler – schon mal «good news» aus Rothrist.

In der Produktion ist viel Handarbeit gefragt.
Bild: Thomas Fürst