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Spuren des «Verschönerungsvereins» sind überall im Dorf zu finden

Ab anfangs Mai ist die vierte Auflage der «Informations- und Freizeitkarte für die Gemeinde Rothrist» erhältlich. Herausgeber ist wiederum der Heimatverein. Was der Verein alles fürs Dorf gemacht und wo seine Spuren zu finden sind, wissen der aktuelle Präsident Patrik Siegrist und dessen Vorstandskollege Benno Zemp.

Rothrist Der Heimatverein hat die «Informations- und Freizeitkarte» neu herausgegeben

«Wir sind schon ein wenig stolz auf die neuste Ausgabe», sagen Patrik Siegrist und Benno Zemp. Die beiden gehören dem Vorstand des Heimatvereins Rothrist an, der – nach 1995, 2004 und 2014 – bereits zum vierten Mal eine «Informations- und Freizeitkarte der Gemeinde Rothrist» herausgibt. Mit wesentlichen Neuerungen, wie Siegrist, seit 2022 Präsident des Heimatvereins, betont. «Unsere Karte wird aktuellere Informationen aufweisen als sie bei Swisstopo, dem Geoinformationszentrum der Schweiz, zu finden sind», verrät der 48-jährige Rothrister Schulhausabwart. Zumindest im Wald, wie er präzisiert. So ist zum Beispiel die neue Wegführung im Wiedervernässungsgebiet Langholz, die der Biber verursacht hat, auf der Karte des Heimatvereins bereits nachgeführt. Ganz neu weisen auch die Rothrister Waldwege Namen auf, während sie bei Swisstopo noch namenlos sind. «Es war sehr aufwendig, die ursprünglichen Namen der Waldwege zu eruieren», betont Siegrist. Haldenweg, Kollerweg, Schmitterweg, Militärweg, Steckweg, Fünfhundert-er-Weg heissen die bis anhin namenlosen Wege jetzt. «Wir konnten einen Teil dieser Namen bei älteren Ortsbürgern in Erfahrung bringen», weiss Siegrist, und die Namen seien jetzt auch von der Gemeinde offiziell anerkannt worden. Nicht zuletzt deshalb haben die Vorarbeiten für die neuste Ausgabe der Karte fast zwei Jahre in Anspruch genommen.

Haben guten Anklang gefunden: Die vom Heimatverein finanzierten Wegweiser für die Waldwege.
Bild: Thomas Fürst

Das Gut zum Druck für die vierte Auflage der Karte konnte kürzlich erteilt werden. Sie wird in nächster Zeit in einer Auflage von 3000 Exemplaren in Druck gehen. Sämtliche rund 300 Mitglieder des Heimatvereins werden zuerst mit einer Karte bedient. Auch Schule und Gemeinde haben bereits wieder ihr Interesse angemeldet. Unter- und Mittelstufe der Schule verwenden die Karte regelmässig im Unterricht, die Gemeinde verteilt sie jeweils an Neuzuzügerinnen und Neuzuzüger. Ab anfangs Mai ist sie zum Preis von fünf Franken beim Heimatverein erhältlich. Bestellt werden kann sie beim Präsidenten Patrik Siegrist, vorzugsweise per Mail: fuerwehrpaedu@bluewin.ch.

Online-Variante übersteigt Möglichkeiten des Vereins

Wie zeitgemäss ist denn die Herstellung einer Karte im digitalen Zeitalter noch? «Wir haben diese Frage im Vorstand auch diskutiert», erläutert der Präsident des Heimatvereins. Grundsätzlich sei es schon so, dass viele Informationen heute digital verfügbar seien, gibt er zu. Dennoch gelte es festzuhalten, dass die Karte auch heute noch als fixer Bestandteil im Unterricht der Rothrister Schulen – zumindest in der Unter- und Mittelstufe – eingeplant sei. «Die Schule hat jedenfalls 700 Exemplare der Karte bestellt», sagt Siegrist. 

«Eine Online-Variante würde auch die Möglichkeiten des Heimatvereins übersteigen», führt Benno Zemp aus. Der 49-jährige Gartenbauer ist seit rund zwölf Jahren im Heimatverein aktiv und als Kassier seit 2020 auch das finanzielle Gewissen des Vereins. Insbesondere, weil ja eine Online-Variante unterhalten und fortlaufend aktualisiert werden müsste, erläutert Zemp. 

Zur Verschönerung des Dorfbilds gegründet

Die Gründung des Heimatvereins ging auf eine Initiative von Hans Walder zurück. Der damalige Direktor der Rothrister Strebelwerk regte anfangs September 1958 bei Gemeindeschreiber Samuel Niklaus an, «es möchte in Rothrist ein Verkehrs- und Verschönerungsverein gegründet werden (…), um das in den letzten Jahren veränderte Dorfbild zu hegen und zu pflegen». In kurzer Zeit erstellten Walder und Niklaus Statuten für den zu gründenden Verein und luden Persönlichkeiten aus dem Dorf zur Gründungsversammlung ein. Diese fand am 1. Oktober 1958 im Bezirksschulhaus Dörfli statt. An der Gründungsversammlung erfolgte eine längere Diskussion über die Namensgebung für den neuen Verein. Die Bezeichnung «Dorf- und Verschönerungsverein» wurde ebenso verworfen wie «Verkehrs- und Verschönerungsverein» – schliesslich einigte man sich auf den heute noch bestehenden Namen «Heimatverein». Dem ersten Vorstand gehörten unter dem Präsidium von Dr. Werner Keller (Direktor Rivella) insgesamt elf Persönlichkeiten an. Der Heimatverein bezweckt die Verschönerung des Dorfbildes durch Erstellung und Unterhalt von Plätzen, Erschliessung von Spazierwegen und Aussichtspunkten, sowie ähnlichen Aufgaben, fördert die Bekanntmachung und den Erhalt der Erholungsgebiete für die Bevölkerung von Rothrist und kann kulturelle Vorhaben in der Gemeinde unterstützen, wurde in Artikel 3 der Statuten festgehalten.

In 66 Jahren rund 60 Projekte umgesetzt

Dieser Aufgabe kam der Heimatverein bis in die heutige Zeit nach. «Die Spuren des Heimatvereins sind im ganzen Dorf zu finden», halten Siegrist und Zemp fest. In den 66 Jahren seines Bestehens hat der Verein rund 60 Projekte umgesetzt, an die er in den Folgejahren auch immer wieder grössere und kleinere Unterhaltsbeiträge beisteuerte. «Der Verein hat extrem viel Geld fürs Dorf ausgegeben», hält Benno Zemp fest, der Gesamtbetrag dürfte sich auf rund 300´000 Franken belaufen. «Ein grosser Betrag, der sich weitgehend aus den kleinen Beiträgen seiner Mitglieder zusammensetzt», verrät Benno Zemp. Wobei der Mitgliederbeitrag im Lauf der Zeit von ursprünglich drei auf gerade einmal zwanzig Franken erhöht wurde. 

Das erste Geschenk des Heimatvereins von 1959: Der Rössli-Brunnen, der an die Auswanderung von 1855 erinnert.
Bild: Thomas Fürst

Ein erstes Geschenk machte der Heimatverein dem Dorf bereits im ersten Vereinsjahr. 1959 wurde die Brunnenanlage auf dem Rössliplatz zur Erinnerung an die grosse Auswanderung von 1855 erstellt. Mit Kosten von rund 15´000 Franken – ein für die damalige Zeit äusserst grosser Betrag. Weitere Projekte folgen praktisch im Jahresrhythmus. Die grösseren waren 1963 die Erstellung der Aussichtsterrasse Winterhalde, 1985 die Renovation des Lehen-Wasserrads und zwei Jahre später die Erstellung des Blockhauses am gleichen Ort, 1993 die Wetterstation beim Gemeindehaus, die Setzung von insgesamt sieben Findlingen in den Jahren 1997 – 2002, der Brunnen beim Waldweiher ebenfalls 2002, die Restaurierung des Türsturzes im alten Schulhaus Oberwil 2004, der Brunnen beim Heimatmuseum 2007, die Erstellung der Panoramatafel auf dem Bornkänzeli 2009, die Finanzierung der Windspiele beim Luegenacher 2010, die Schaffung des Rundwanderwegs Gländ – Gfill 2012 inklusive Sanierung des Philosophenwegs, der Brunnen beim Schulhaus Dörfli IV 2016, die Wetterstation beim Gemeindehaus 2018, die Platzierung von Wegweisern für die Rothrister Waldstrassen 2020 und die aufwendige Renovation des Lehen-Wasserrads 2022. Dazu kommt der Unterhalt diverser Plätze und Brätelstellen, das Stellen vieler Sitzbänke – und natürlich die Herausgabe von vier Auflagen der «Informations- und Freizeitkarte», die jeweils fünfstellige Beträge verschlang.

Die Inschrift am Rössli-Brunnen.
Bild: Thomas Fürst

Die Ideen gehen nicht aus

«Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an …», sang einst Udo Jürgens. Ähnlich soll das auch beim Heimatverein sein. «Die Projekte werden uns nicht ausgehen», ist sich Patrik Siegrist sicher, der Heimatverein stehe bereit, wenn es darum gehe, Plätze zu erstellen oder zu unterhalten, Spazierwege zu erschliessen, Aussichtspunkte zu realisieren oder an historische Ereignisse zu erinnern. In nächster Zeit gelte es allerdings, Objekte wie die Infotafeln (Hölzli, Kirche, Winterhalde und Bornkänzeli) zu unterhalten und auf Vordermann zu bringen. 

Die grösste Herausforderung für den Heimatverein stelle aber der aktuelle Mitgliederschwund dar. «Der Verein ist überaltert», spricht der amtierende Präsident Klartext. Neue und vor allem jüngere Mitglieder zu finden sei nicht leicht. Der Vorstand ist jeweils an den Neuzuzügerbegrüssung dabei, das beste Mittel sei aber sicherlich die Mund-zu-Mund-Propaganda. Mit der Herausgabe der neuen «Informations- und Freizeitkarte» kommt der Heimatverein zumindest ins Gespräch – wer weiss, vielleicht findet er so auch zu neuen Mitgliedern?

Mit grossen Beiträgen des Heimatvereins wurde das Wasserrad im Lehen mehrmals renoviert.
Bild: Thomas Fürst