Wenn Schweigen Silber und Reden Gold ist – eine Zofinger Kanti-Schülerin kämpft um den Titel der besten Debattierenden im Land
Wenn am 22. und 23. März 60 Schweizer Jugendliche in Bern um Medaillenplätze im Debattieren kämpfen (siehe Box unten), ist auch eine junge Frau aus Zofingen mit von der Partie: die 17-jährige Oda Holzknecht, die in Deutschland aufgewachsen ist und seit einem Jahr in der Schweiz lebt.
Besonders wichtig sei bei diesen Wettkämpfen ein respektvoller Umgang – etwas, was politischen Diskussionen oft abgeht. Respektvoller Umgang heisst: «Der anderen Person zuhören, mit Bedacht antworten und versuchen, auf der gleichen Ebene zu bleiben. Sich nach einer Debatte noch die Hände reichen zu können, auf einer Augenhöhe zu sein, sich freundlich gegenüberzustehen und sich wie nach einem Fussballspiel noch zu vertragen – das ist das Wichtigste. Es ist zwar ein Wettkampf; aber man ist nicht gegeneinander – man redet miteinander.»
Bei den Debattier-Wettkämpfen muss sie über zugeloste Themen sprechen – auch mal contre coeur argumentieren. Fällt ihr das schwer? «Emotional ist es manchmal nicht ganz einfach, wenn man sich selbst auf ein anderes Thema oder einen anderen Standpunkt eingestellt hat», sagt sie. «Aber eigentlich macht das gerade den Reiz des Debattierens aus. Es ist spannend für mich, ein Thema von einer anderen Perspektive zu betrachten. Ich denke, das ist etwas, was im Alltag viel zu kurz kommt: Sich Gedanken zu machen, weshalb andere Leute so denken, wie sie denken. Im Normalfall – etwa in der Politik – gibt es kein Richtig oder Falsch. Es ist eine Abwägung, was einem wichtiger ist. Wie bei der 13. AHV-Rente: Es gibt kein Richtig oder Falsch. Wo soll das Geld hin? Braucht der Staat das Geld oder brauchen die Leute das Geld? Das ist eine Abwägungsfrage. Von einer anderen Position aus versuchen, sich in die Köpfe der Menschen reinzudenken, die etwas auf bestimmte Weise sehen: Das ist spannend. Und gerade auch etwas, was für ein politisches Verständnis besonders wichtig ist.»
Das Projekt «Jugend debattiert» betreut an der Kantonsschule Zofingen der Geschichtslehrer Marco Arni. «Ich habe zuvor an der Kantonsschule Wettingen unterrichtet. Schon dort haben wir an kantonalen Wettbewerben teilgenommen», erzählt er. Das Fach bilde «die Fähigkeit, auf Augenhöhe und mit Respekt zu diskutieren», sagt er. Und: «Faktisches, inhaltliches Wissen ist unabdingbar. Man merkt sofort, wenn jemand nur Schaum schlägt. Man merkt sofort, wenn hinter Argumenten kein Wissen steht. Das wird übrigens bei der Jurierung gewichtet – also die Frage, ob jemand wirklich eine Ahnung hat. Dann braucht es aber auch rhetorische Qualitäten: Man kann noch so viel wissen – wenn man es nicht auf den Punkt bringen und rhetorisch zuspitzen kann, dann bringt einem dieses Wissens häufig nichts. Als letzter Punkt gilt: Man muss eine Debatte lesen können. Man muss merken, wann man einsetzen kann. Man muss den Fluss der Debatte im Auge behalten – und spüren, wann man ein bestimmtes Argument platzieren oder das Thema wechseln kann.» Die Wettkämpfe sind nicht moderiert. «Deshalb müssen alle Teilnehmenden ihre Rolle finden. Was das Talent und die Fähigkeit erfordert, zu spüren, wann man lieber schweigt – und wann man seine Punkte setzt.»
So läuft das Debattier-Finale in Bern
Am 22. und 23. März 2024 kämpfen in Bern 60 Jugendliche um den Titel der oder des besten Debattierenden der Schweiz. In zwei Vorrunden- und einer Finaldebatte messen sich die Schülerinnen und Schüler in zwei Alters- und Sprachkategorien. Debattiert wird über Themen wie die Beschränkung künstlicher Intelligenz zum Schutz von Schweizer Arbeitsplätzen, der kostenlose Zugang zu psychischer Gesundheitsversorgung oder die Abschaffung von Bargeld in der Schweiz. Aus Zofingen hat sich die Sek-II-Schülerin Oda Holzknecht (17) für das Finale qualifiziert.
Diese findet am Hauptsitz der Schweizerischen Mobiliar statt, der Hauptförderin des Programms. Es ist der Höhepunkt des Bildungsprogramms «Jugend debattiert» von Young Enterprise Switzerland (YES).
Die Jugendlichen vertreten in diesem Wettkampf nicht zwingend ihre eigene Meinung, denn die Pro- und Kontra- Positionen werden erst 24 Stunden vor Beginn ausgelost. Anders als bei vielen politischen Debatten sind den Debattierenden nachvollziehbare Argumente sowie eine respektvolle Redensweise wichtig.
Die Debatte folgt einer klaren Struktur: Eröffnungsrede, freier Austausch und Schlussrede mit zwei Debattierenden auf der Pro- und zwei auf der Kontraseite. Die Teilnehmenden werden dabei jeweils von einer dreiköpfigen Jury aus Politik, Wirtschaft, Medien sowie von ehemaligen Programm-Teilnehmenden nach den Kriterien Sachkenntnis, Ausdrucksvermögen, Gesprächsfähigkeit und Überzeugungskraft beurteilt. (zt)