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«Frau Frösch, geben Sie Ihrer Nachfolgerin Irma Jordi ab und zu Tipps?» – «Das ist nicht nötig!»

Ruth Frösch (99) erinnert sich im zt Talk an ihre Zeit als Co-Leiterin des «Blumenheims». Dass sie der aktuellen Chefin Irma Jordi Ratschläge erteilen müsse, sei nicht nötig. Diese schildert im Talk, was das «Blumenheim» heute so erfolgreich macht. Und warum sie sich über Leute, die die Arbeit in Pflegeheimen unterschätzen, ärgert.

Ruth Frösch, die am 10. Januar dieses Jahres ihren 99. Geburtstag feierte, leitete von 1970 bis 1988 gemeinsam mit ihrem Ehemann das Alterszentrum Blumenheim. 2010 kehrte sie dahin zurück – als Bewohnerin. In ihrem Zimmer im 2. Stock empfing sie diese Woche das zt Talk-Team zum Gespräch.

«Ich dachte, als ausgebildete Kauffrau mache ich das Büro – und mein Mann alles andere. Es kam ganz anders», erinnert sich Ruth Frösch. Im «Blumenheim» lebten damals nur Frauen, Max Frösch war der erste Mann, ihm begegnete man mit Zurückhaltung. So war schnell klar, dass Ruth Frösch nicht nur administrative Arbeiten erledigen musste – ihr oblag die eigentliche Leitung des Hauses. Hat sie den Job immer gerne gemacht? «Mein Mann und ich fanden beide: Das war die beste Zeit unserer Ehe. Wir konnten helfen, haben aber auch viel erhalten.» Gut erinnert sie sich an das erste Mal, als sie einer Bewohnerin ins Bad half. «Sie genierte sich. Als sie ohne Kleider im Wasser sass, schaute sie mich an und sagte: ‹Frau Frösch, man muss lernen – bis zum letzten Tag.›» Die Szene ist ihr in den Jahren, in denen sie selbst alt wurde, immer präsent geblieben. «Man muss wirklich lernen bis zuletzt.» Gibt sie der heutigen Leiterin Irma Jordi ab und zu einen Ratschlag? Ruth Frösch lacht und sagt: «Das ist nicht nötig!»

Irma Jordi leitet das «Blumenheim» seit 2013 – ein Jahrzehnt, das von markanten Veränderungen und Erfolgen, aber auch von schwierigen Hürden geprägt war.

Irma Jordi leitet seit 2013 das Zofinger Alterszentrum Blumenheim, das dieses Jahr sein 150-Jahr-Jubiläum feiert.
Bild: pp

«Wir sind klein, fein und familiär», sagt sie im zt Talk. «Und wichtig ist Vertrauen.» Menschen, die Pflege und Betreuung brauchten, müssten dem Personal vertrauen können. «Das Personal wiederum braucht das Vertrauen der Leitung, die hinter ihm steht und ihm den Rücken stärkt.» In einer kleinen Institution seien die Wege kurz. «Wenn Unsicherheiten da sind, kann man diese sofort ausräumen und durch eine gute Kommunikation Vertrauen schaffen.»

Die Herausforderung, eine Pflegeinstitution erfolgreich zu führen, würde oft unterschätzt. Das «Blumenheim» verfüge über eine Trägerschaft mit einem «unglaublich schlagkräftigen» Vorstand. Präsidentin ist Patricia Kettner. «Auch da sind die Wege kurz, und die Zusammenarbeit vertrauensvoll.» – «Im Vorstand sind gewählte Leute mit Fähigkeiten, sie sind nicht einfach per Zufall politisch in ein Amt gekommen.» Jordi ärgert sich auch, wenn Jobprofile in Pflegeheimen unterschätzt werden. Das «Blumenheim» bilde Lernende aus und sei überall hochprofessionell unterwegs – in der Küche beispielsweise sind zwei Diätköche angestellt. «Wir müssen Qualitätsvorgaben erfüllen und werden vom Kanton auditiert. Das braucht enorm viel Engagement.»

Die ehemalige Co-Leiterin des „Blumenheims“ Ruth Frösch (1924) im Gespräch mit ZT-Chefredaktor Philippe Pfister.
Bild: zt

Dass eine Heimleitung während der Pandemie ins Homeoffice gehe – das gehe gar nicht, findet Jordi. «Das ist ein No-Go! Das funktioniert nicht.» Das «Blumenheim» war eine der ersten Institutionen in der Region, die von Corona-Fällen betroffen waren. «Damals wurde man noch verurteilt. Es hiess, die Kleinen arbeiten halt nicht sauber. Wir hatten danach nie mehr ein Problem. Aber wenn wir nicht so gut ausgebildete Leute gehabt hätten, wäre es nicht gut gekommen.» Der April 2020 sei ein «schwarzer Monat» gewesen, erinnert sich Jordi. «Ich hatte noch einen Velounfall und kam gerade aus dem Spital.» – «Ich kam am 2. April ins Blumenheim und blieb bis zum 30. April keinen einzigen Tag zuhause.» Sie habe das Personal unterstützen müssen.

Das Alterszentrum verfügt über zwei Aussenhäuer mit Pflegewohnungen. Diese zu besetzen, werde zunehmend schwierig, weil die Menschen, die ins Blumenheim kommen, Pflegeleistungen in Anspruch nehmen wollen. «Die Idee ist nun, dass wir die beiden Häuser durch einen Neubau ersetzen, der unser Hauptgebäude ergänzt, und den wir sehr professionell einrichten können.» Die Gesellschaft stehe vor schwierigen Herausforderungen. «In ungefähr zehn Jahren werden wir doppelt so viele über 80-Jährige haben.» Für sie werden nicht genügend Pflegeplätze zur Verfügung stehen. «Wir laufen in ein riesiges Fiasko hinein. Ich weiss nicht, wie die Gesellschaft das bewältigen will.» Der Druck sei bereits hoch; jeden Tag erhalte sie Telefonanrufe von Menschen, die aus dem Spital austreten und einen Platz in einer Pflegeinstitution suchen, aber keinen finden.

Dieses Jahr feiert das «Blumenheim» seinen 150. Geburtstag. «Am 4. April gab es eine schöne Feier für die Bewohnerinnen und Bewohner mit einem Gala-Essen. Unser junger Küchenchef ist ein Gourmet-Koch.» Am 5. Mai steigt eine grosse Party im Stadtsaal Zofingen – eingeladen sind unter anderem alle Vereinsmitglieder und alle Mitarbeitenden mit Partnerinnen und Partnern. «Es gibt ein Fest mit rund 170 Personen.» Und im August steht ein Gartenfest für die Angehörigen an.

Irma Jordi im schmucken Gartenhaus des «Blumenheims».
Bild: pp