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Haarausfall bei der «Schulhutte»

Ernst Roth, der 1950 geboren und auf dem Härdöpfuhoger aufgewachsen ist, erzählt von seinem winterlichen Schulweg.

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Zur Einschulung bekam ich von meinen Eltern eine Schultasche, oder – wie man damals sagte – eine Schulhutte. Schwierig wie man dies den heutigen Kindern beschreiben soll. Ein Versuch: Flache Zalando-Schachtel mit den Massen 40 mal 30 mal 10 Zentimeter; aber nicht aus Karton, sondern in Leder gefertigt. Mit einer Klappe, welche die ganze Rückseite bedeckte und unten mit zwei Riemenverschlüssen fixiert wurde. Getragen wurde sie auf dem Rücken wie ein Rucksack. Alles klar?

Wie ein Kuhrücken

Das besondere an meiner Schulhutte war der Deckel aus behaartem Leder. Beim darüberstreichen fühlte es sich an, wie wenn man einer Kuh über den Rücken streicheln würde. Ich war mächtig stolz, da ich der Einzige mit so einem Exemplar war.

Unser Schulweg führte hinunter zur Oeltrotte, über die Hauptstrasse und dann das Schulwegli den Kallernweg hinauf zum Schulhaus. Im Winter durften wir den Schlitten normalerweise nicht mitnehmen, da dies zu gefährlich gewesen wäre. Nun war der Kallernweg steil und manchmal recht vereist. Man konnte recht gut auf den Füssen über das blanke Eis hinunterschlittern. Einmal entdeckte ein Schulkollege, dass es noch eine andere Möglichkeit gab, hinunter zu kommen. Wie wir es sonst mit dem Holzschlitten taten, legte er sich bäuchlings auf seine Schulhutte und so ging es recht flott bis zur Hauptstrasse runter. Das wollte ich auch probieren und es klappte! Daheim erzählten wir natürlich nichts von unserem neuen Wintersport; wir ahnten, dass dies nicht auf Zustimmung stossen würde. Eines Tages aber fragte mich meine Mutter: «Du, dein Schulsack hat so etwas wie Haarausfall, kannst du mir das erklären?» – Zuerst habe ich mich um eine Antwort gedrückt, aber es nützte nichts, ich musste beichten. Da wir erzogen wurden, dass man zu seinen Sachen Sorge trägt, fiel mir dies nicht leicht. Als Träger der Schulhutte mit dem schütteren Haar war ich aber genug gestraft und musste mir öfters Spott anhören. Weitere Konsequenzen hatte es aber keine.

Eine Schulhutte, wie Ernst Roth sie besass.
Bild: zvg