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«Man kann ganz unbedarft zu uns kommen»

Programmleiterin Julia Knapp freut sich im zt Talk auf eine neue Ausgabe der Literaturtage Zofingen, die Ende Oktober über die Bühne gehen. Erstmals gibt es eine Polit-Veranstaltung, und angekündigt ist auch Drago Janča, der Grandseigneur der slowenischen Literatur. Vorwissen brauche es für keine der Veranstaltungen – Besucherinnen und Besucher sollen das Gastland Slowenien, dessen Geschichte und Bücher entdecken können.

Ende Oktober wird Zofingen wieder zur Literaturhauptstadt der Schweiz: Vom 27. Bis 29. Oktober gehen die traditionellen Literaturtage über die Bühne – diesmal mit dem Gastland Slowenien.

Für die Programmleiterin Julia Knapp sind es die ersten «ordentlichen» Literaturtage, wie sie sagt. «Ich habe den Posten 2020 mitten in der Pandemie übernommen.» Die Frankfurter Buchmesse fiel aus, ein Gastland fehlte – bekanntlich übernehmen die Zofinger Literaturtage traditionell das Gastland der dortigen Buchmesse, Autorinnen und Autoren reisen von Frankfurt nach Zofingen. Vor drei Jahren wurden deshalb Schweizer Autorinnen und Autoren eingeladen. «Einerseits, damit die Literaturtage weiter stattfinden können, andererseits als Unterstützung für heimische Kulturschaffende, denen die Lesereisen in Deutschland alle wegbrachen.» 2021 – die Pandemie war noch nicht überstanden – wiederholten die Organisatoren dieses Programm. Letztes Jahr war zwar wieder alles auf «alten Gleisen», wie Julia Knapp sagt – aber wenige Tage vor dem Festival brachte sie ein Mädchen zur Welt. «Ich war nur für eine halbe Veranstaltung am Festival – leider.»

Bei der Vorbereitung der Literaturtage liest Julia Knapp nach Stundenplan. «Wenn ich lese, um eine Moderation vorzubereiten, muss ich extrem gründlich lesen.» Wenn sie Bücher für die Literaturtage auswählen muss, lese sie in einem anderen Modus: «Schneller. Quer. Entweder es packt mich oder es packt mich nicht.» Es entstehen drei Stapel. Der erste: «Nein, auf gar keinen Fall.» Der zweite: «Vielleicht.» Und der dritte: «Ja, unbedingt!» Auch dieses schnelle Lesen sei trotzdem ein Genuss – zumindest beim «Ja»-Stapel. «Die lese ich dann ganz. Wenn es kein Genuss wäre, würde ich sie für die Literaturtage auch nicht auswählen. Es muss mich packen und mich beglücken. Sonst glaube ich ja gar nicht daran, dass es die Gäste beglücken kann.»

Die Literatur des Gastlandes habe sie zuvor überhaupt nicht gekannt. «Ich komme zu den Gastländern wie die Jungfrau zum Kinde», sagt Knapp. Das sie auch die Voraussetzung, die die Besucherinnen und Besucher der Literaturtage hätten: «Wir wollen das Gastland vorstellen – es gibt etwas zu entdecken, was man vorher nicht weiss. Man kann also ganz unbedarft zu uns kommen.» Auf slowenisch könne sie inzwischen immerhin guten Appetit wünschen – «aber das wars dann auch schon.»

Erstmals wird es in diesem Jahr eine Polit-Veranstaltung geben. «Als ich so viel über die bewegte politische Vergangenheit Sloweniens gelesen habe, wurde mir klar, dass wir darüber etwas machen sollten», sagt Julia Knapp. Am Sonntag, 29. Oktober wird es deshalb einen Polittalk geben. Auf der Bühne sitzen unter anderem Enver Robelli, ehemaliger Balkan-Korrespondent für den «Tages-Anzeiger» und Cyrill Stieger, der für «NZZ» aus dem Balkan berichtete. «Das wird eine spannende Diskussion: Wo steht Slowenien heute? Wo steht der Balkan? Ich hoffe, dass wir hier ein Fenster öffnen können.»

Auf welche Bücher, Autorinnen und Autoren freut sie sich besonders? Ana Marwan kommt mit ihrem Roman «Verpuppt» nach Zofingen. Sie hat letztes Jahr den Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen. «Das wird sicher ein Höhepunkt», so Knapp. Angekündigt ist auch Drago Jančar «Er ist der Grandseigneur der slowenischen Literatur. Es freut mich sehr, dass er der Einladung gefolgt ist und uns mit seinem neuen Buch ‹Als die Welt entstand› beehren wird.» Das Buch sei das einzige, das sie blind ausgewählt habe. «Ich habe gehört, dass ein neuer Jančar herauskommt. Da habe ich den Verlag angerufen und gesagt: ‹Ich will ihn›. Lange bevor überhaupt eine Übersetzung vorlag.» Ihr persönliches Highlight sei «Verfluchte Misteln» von Nataša Kramberger.» – «Bei diesem Buch habe ich Tränen gelacht.» Es ist die Geschichte einer Schriftstellerin, die den Bauernhof ihrer Grossmutter übernehmen und auf Bio trimmen will. Ihr fortwährendes Scheitern sei «zum Piepen komisch», sagt Knapp. «Da freue mich drauf!»

Die Zofinger Literaturtage mit dem Gastland Slowenien finden in diesem Jahr vom 27. Bis 29. Oktober statt. Programm mit allen Informationen: literaturtagezofingen.ch