«Ich war überrascht, dass man mich auch in anderen Kantonen kennt»
Im April wurde die ehemalige Wikoner Gemeindepräsidentin und Mitte-Politikerin Dr. iur. Michaela Tschuor auf Anhieb in die Luzerner Regierung gewählt. Nach 100 Tagen im Amt fühle sie sich rundum wohl, wie sie im zt Talk sagt. «Ich fand ein tolles Team vor und habe die 100 Tage genutzt, um im Kanton herumzureisen und Menschen und Meinungen kennenzulernen.»
Wie ist das Gefühl, plötzlich prominent zu sein? «Es gibt immer wieder Situationen, in denen ich denke: ‹Ui, das hast du unterschätzt.›» Kürzlich sei sie in einem Laden in einem anderen Kanton von jemandem angesprochen worden. «Ich war überrascht, dass man mich auch in anderen Kantonen kennt.»
Sie hat ihr Amt in einem Jahr angetreten, in dem der «Prämienhammer» Schlagzeilen macht. «Es gibt zurzeit ein Momentum durch den Druck, der sehr hoch geworden ist.» Die Akteure seien mehr bereit als auch schon, sich zu finden. Die Bereitschaft, einen minimalen Konsens zu finden, aus dem sich etwas Gutes entwickeln lasse, habe sie in den ersten 100 Tagen gespürt. «Der Leidensdruck ist hoch, ebenso die Angst, dass wir in eine Unterversorgung hineinlaufen.»
«Dringenden Handlungsbedarf» sieht sie im Asyl- und Flüchtlingswesen. Luzerner Gemeinden, die ihr Soll bei den Unterkünften für Flüchtlinge nicht erfüllen, müssen eine Ersatzabgabe zahlen, die den Gemeinden zugutekommt, die ihr Soll mehr als erfüllen. «Hier ist der Unmut sehr gross, das weiss ich noch aus meiner Zeit als Gemeindepräsidentin.» Wegen der Ersatzabgabepflicht – «die nicht überall zu Freude erfolgt ist» – seien immer noch Verfahren hängig. «Ich arbeite mit der zuständigen Dienstelle, aber auch mit den Gemeinden daran, dass wir den Weg im Asyl- und Flüchtlingswesen neu andenken können und Überlegungen anstellen, was es für die Zukunft braucht.»
Was sagt sie zur heftigen Kritik am Vorgehen der Regierung beim Verkauf der Höhenklinik Montana? Kantonsparlamentarier und Personalvertreter bemängelten, nicht involviert worden zu sein. «Ich verstehe die Kritik, aber ich glaube nach wie vor, dass das Vorgehen richtig war.» Wenn die Verkaufsbemühungen öffentlich geworden wären, hätte das für Verunsicherung und auch Kündigungen sorgen können – «dieses Risiko war uns zu gross», sagt Tschuor. Die Bedingungen des Kantons für einen Verkauf seien erfüllt: Reha-Klinik muss weitergeführt werden, das Personal wird zu den gleichen Bedingungen übernommen und die Luzernerinnen und Luzerner müssen von dem Angebot weiter Gebrauch machen dürfen. «Jetzt kann der demokratische Prozess beginnen.» Entscheiden über den Verkauf wird am Schluss das Parlament.